Verflechtungen mit der Türkei? Ditib-Moscheen treiben zweifelhafte Spenden ein
Nach dem Freitagsgebet spenden für den guten Zweck? In einigen Moscheegemeinden im Norden landet das Geld offenbar nicht da, wo man es erwarten würde.
In 36 Glaubensgemeinden im Norden gehen nach NDR-Recherchen Spendengelder der Gläubigen an die Türkei. Dem Bericht zufolge wird nach dem Freitagsgebet regelmäßig um Geld gebeten, beispielsweise für Islam-Unterricht für die Jugend.
In einer internen Nachricht an die Vorstände aller Ditib-Moscheegemeinden in Hamburg und Schleswig-Holstein zeigte sich dem öffentlich-rechtlichen TV-Format "Panorama 3" jedoch ein fragwürdiges Spendenziel: So soll das Geld an das Konto des Generalkonsulats der Türkei in Hamburg gehen.
Keine Lehrer mehr ohne Spenden?
Für die Spendenaktionen seien nach Panorama-Informationen sogar Mindest-Spendensummen vorgegeben worden: Wer nicht auf 500 Euro komme, verliere seine "Kurslehrer". Die Vereine seien dementsprechend gezwungen, aus dem Vereinsvermögen aufzustocken.
Der 2009 gegründete Ditib Nord-Verband untersteht dem Ditib-Dachverband, welcher wiederum der türkischen Religionsbehörde unterstellt ist. Bei Ditib, Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V., handelt es sich um die größte sunnitisch-islamische Organisation in Deutschland.
So hatte der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, 2018 etwa die Kölner Zentralmoschee eröffnet. Kritiker sehen in dem Verein den verlängerten Arm der türkischen Religionsbehörde in Ankara: Er sei dementsprechend nicht politisch neutral.
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Ditib Nord: Vorgehen "verbesserungswürdig"
Auf Anfrage des NDR sprach Ditib Nord von einem Treuhandkonto – die Kontrolle habe der Verband aber selbst. Jedoch sei das Vorgehen "auch in unseren Augen verbesserungswürdig“, man strebe "eine andere Verfahrensweise" an.
"Das ist jetzt wieder ein Beispiel dafür, wie eng die Verflechtungen von Ditib mit der türkischen Politik nach wie vor sind", erklärt Religionswissenschaftler Friedmann Eißler NDR. "Und dass noch keine Konsequenzen aus den Debatten der letzten Jahre gezogen worden sind." Eine Entflechtung habe es trotz mehrfacher Ankündigung nicht gegeben.
Man müsse sich Eißler nach die Frage stellen, warum Ditib nicht ein eigenes Konto für die Spendengelder hat. "Warum geht das an den türkischen Staat und wird von dort aus verwaltet und dann möglicherweise in Projekte eingespeist, die gar nicht direkt mit den Gemeinden zu tun haben? Die Ansage kommt vom Religionsattaché, vom Generalkonsulat, im Grunde von den staatlichen Behörden, die dann auch offensichtlich das Sagen über die Moscheegemeinden haben“, so Eißler. Deutsche Moscheegemeinden seien demnach direkt abhängig von türkischen Staatsbeamten in Deutschland – und hätten demnach keinen Spielraum über die eigene Entwicklung.
- ndr.de: "DITIB-Moscheegemeinden: Fragwürdige Spendenpraxis"
- ditib-nord.de
- Eigene Recherche