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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Energiekrise Muss bald vorsorglich der Strom abgeschaltet werden?
Trotz der aktuellen Energiekrise rechnen Experten nicht mit einem flächendeckenden Blackout in Deutschland. Es könnte aber zu sogenannten Brownouts kommen.
Immer wieder wird in der aktuellen Energiekrise das Schreckensszenario "Blackout" heraufbeschworen: flächendeckende, ungeplante Stromausfälle. Experten halten das weiter für unwahrscheinlich, doch: "Unter bestimmten Szenarien" könne es "stundenhafte Mangelsituationen" geben, warnte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bei der Vorstellung des "Stresstests Strom" im September.
Eine solche Mangelsituation muss aber nicht unbedingt einen Blackout nach sich ziehen: Sollte es nicht genug Strom geben, um den erwarteten Verbrauch zu decken, können Netzbetreiber diesen für einen begrenzten Zeitraum gezielt in einzelnen Regionen oder Bereichen abschalten. Mit so einem sogenannten Brownout soll das Netz stabil gehalten und ein Blackout verhindert werden. Könnte ein Brownout auch Großstädte wie Hamburg treffen?
Aktuell könne es nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass es "in einem Extremszenario zu Lastunterdeckungen" komme, sagte Renate Pinzke, Sprecherin der Hamburger Energiebehörde (Bukea), t-online. Hamburg ist dabei allerdings gegenüber südlichen Bundesländern wie Baden-Württemberg im Vorteil: Das Hamburger Netz sei eng in das deutsche und europäische Stromnetz eingebunden und mitten im erzeugungsstarken Norden gelegen, sagte Pinzke.
Große Industrieunternehmen zuerst von Brownout betroffen
Engpässe seien beim Stresstest vor allem für den Stromtransport von Nord nach Süd festgestellt worden. Das liege am verzögerten Netzausbau und fehlenden Produktionskapazitäten im Süden sowie den Ausfällen bei französischen Atomkraftwerken, so die Bukea-Sprecherin. Doch was passiert, wenn es zu einem Extremszenario kommt, bei dem auch in Hamburg der Strom stellenweise abgestellt werden muss?
Das hänge davon ab, an welchen Stellen das Netz wie stark belastet sei und wo der Verbrauch zurückgefahren werden müsse, so Pinzke. "Je nach Höhe des Lastabwurfs und der derzeitigen Lastverteilung kann nicht vorhergesagt werden, welches Umspannwerksgebiet betroffen werden sein wird." Auch große Industrieunternehmen sollen dabei einen Beitrag leisten.
Allein auf die metallerzeugenden Betriebe in Hamburg entfallen 30 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs der Stadt. Diese Unternehmen würde es im Fall eines Brownouts wohl zuerst treffen, sagte auch Davood Babazadeh, Oberingenieur am Institut für Elektrische Energietechnik an der Technischen Universität Hamburg, im Gespräch mit t-online. Die Stromversorgung in Privathaushalten hingegen sei "sehr sicher".
Hamburger Bevölkerung wird über Brownouts informiert
Tatsächlich haben viele Betriebe mit hohem Stromverbrauch ihre Produktion zuletzt bereits wegen der hohen Energiepreise reduziert. Unternehmen seien zudem häufig auf kurzfristige Stromausfälle vorbereitet und könnten diese überbrücken, sagte Bukea-Sprecherin Pinzke. Auch Krankenhäuser, Polizei und Feuerwehr sind in der Regel auf Stromausfälle vorbereitet.
Da ein Brownout vorhersehbar sei, könnten die Polizei und Feuerwehr zudem bei Bedarf ihre Präsenz anpassen, um auch weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, betonte Pinzke. Sollte ein Brownout nicht nur Unternehmen treffen, würde die Bevölkerung nicht unvorbereitet gelassen: Über Radio, Fernsehen, Internet und soziale Medien oder auch über das modulare Warnsystem MoWas soll im Falle eines Falles über die bevorstehende Abschaltung informiert werden, so die Bukea-Sprecherin.
Kann aus einem Brownout ein Blackout werden?
"Dadurch, dass das gesamte Verbundnetz stabilisiert wird, werden auch schwerwiegende Ausfälle im Hamburger Stromnetz verhindert", sagte Pinzke. Dass aus einem kontrollierten Brownout ein unkontrollierter Blackout wird, ist dennoch nicht ganz ausgeschlossen. Dazu müsse parallel zum Brownout noch ein weiterer Vorfall eintreten, der das Netz belaste, so Babazadeh. Das könne etwa ein Unwetter sein.
Doch auch das sei eher unwahrscheinlich. "Netze werden immer betrieben mit der Annahme, dass etwas schiefgehen kann", sagte Babazadeh. Deshalb gebe es immer eine Rückfallebene, die einen Ausfall ausgleichen könne. Insgesamt sei das Stromnetz in Deutschland sehr stabil, Ausfälle, ob geplant oder ungeplant, seien eher ungewöhnlich. Aber: "Man soll niemals nie sagen", so der Experte.
- Anfrage an die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (Bukea)
- Gespräch mit Dr. Davood Babazadeh von der Technischen Universität Hamburg
- Eigene Recherche