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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nebenkosten umgelagert Studenten kämpfen mit saftiger Mieterhöhung im Wohnheim
Circa 250 Lüneburger Studenten müssen für ihre WG-Zimmer ab Oktober mehr bezahlen. Doch die drastische Mieterhöhung wirft Fragen auf.
Die Bewohner der privat geführten Studentenwohnheime in Lüneburg bekommen erneut die gestiegenen Energiepreise zu spüren. Ab Oktober werden die Mieten von rund 400 Studentenzimmern deutlich angehoben. Doch die monatlichen Mehrkosten seien kaum zu tragen, sagen Betroffene. Zudem sei die Kostenverteilung nicht nachvollziehbar.
In Lüneburg mangelt es wie in den meisten deutschen Universitätsstädten an Wohnraum. Im vergangenen Jahr sind die Mieten um 16 Prozent gestiegen, wie eine Studie des Moses-Mendelssohn-Instituts ergeben hat. Ein Zimmer kostet nun durchschnittlich 425 Euro pro Monat.
Ab Oktober legen die Vermieter, der Verein Campus Wohnen e.V. und die Campus Stiftung, die erhöhten Nebenkosten auf die Mieter um. Diese Nachricht erreichte die Studenten erstmals am 23. Juni. Zunächst sollten sie bei einer Verlängerung ihrer Mietverträge ab Oktober bis zu 100 Euro mehr pro Monat bezahlen. Ihnen wurde eine Frist von 10 Tagen gesetzt, um die neuen Konditionen anzunehmen. Andernfalls müssten sie ausziehen.
Lüneburg: Studentische Gruppe kämpft gegen Mieterhöhung
Daraufhin schloss sich eine Gruppe betroffener Studenten zusammen. Sie forderten eine Verlängerung der Frist sowie eine Offenlegung der Nebenkosten. "Die ganzen Studenten befinden sich aktuell in der Klausurenphase", sagt der 23-jährige Noah Fischer, einer der Bewohner. "Gleichzeitig müssen sie sich darum kümmern, ob sie die Miete ab Oktober zahlen können oder sich in Kürze auf dem privaten Wohnungsmarkt umgucken müssen."
Noah studiert Politikwissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg. Er wohnt seit Mai in seinem Zimmer und hat schon bei Vertragsunterzeichnung die erhöhten Nebenkosten einwilligen müssen. Statt, wie sein Vormieter, 380 Euro bezahlt er jetzt 465 Euro für 18 Quadratmeter.
Lüneburger Stadtrat ist machtlos
Sophie Zirkel, 21, Studentin der Umweltwissenschaften, trug die Anliegen im Stadtrat Lüneburg vor und forderte die städtische Verwaltung auf, einzugreifen. Daraufhin entgegnete eine Sprecherin, dass es sich um eine "privatwirtschaftliche Angelegenheit" handelte, "auf die die Verwaltung an sich keinen Einfluss hat".
Auf Nachfrage von t-online teilt Klaus Hoppe, Geschäftsführer von Campus Management GmbH, mit: "Die Preissteigerungen resultieren aus dem Krieg in der Ukraine und dem Management, das die Bundesregierung seitdem an den Tag legt." Die Gaspreise hätten sich innerhalb der vergangenen zwei Jahre vervierfacht. Die Strompreise seien um das 1,5-Fache gestiegen.
Leuphana-Studenten fordern eine transparente Kostenaufteilung
Die Bewohner beklagen zudem, dass die Zimmerpreise ungleich aufgeteilt seien. Mit der Mieterhöhung fordern sie jetzt nicht nur eine Aufschlüsselung des Verteilungsmechanismus, sondern zudem eine transparente Aufstellung der Nebenkosten sowie Belegeinsicht. "Das ist eine schreiende Intransparenz, die keine einzige der Aussagen nachvollziehbar macht", sagt Noah Fischer.
Tatsächlich habe eine rechtliche Prüfung der Studenten ergeben, dass die Vermieter nicht verpflichtet seien, Nebenkosten offenzulegen. Weil nur Zimmer und keine Wohneinheiten vermietet werden, würden die Nebenkosten pro Studentenwohnheim erfasst und schließlich aufgeteilt.
Studenten zahlen im Schnitt für ein Zimmer mehr als 400 Euro
Studenten in Lüneburg, die sich das private Wohnheim nicht mehr leisten können, bleiben zwei Optionen offen. Entweder sie suchen auf dem freien Wohnungsmarkt nach einer Bleibe oder hoffen auf einen der 520 Plätze im staatlich geförderten Studierendenwerk. Deren Mietpreise wurden 2022 ebenfalls zweimal erhöht. Dank finanzieller Unterstützung des Lands Niedersachsen konnten sie wieder gesenkt werden. Dadurch gab es im Vergleich zum März 2022 nur eine Mietsteigerung um 25 Euro.
Die Bewohner der Campus-Wohnheime haben nun bis zum 12. Juli Zeit, über ihren Verbleib oder Auszug zu entscheiden. Bis es so weit ist, wollen sie weitere Schritte unternehmen, um geringere Mieten zu erwirken.
- Telefonat mit Noah Fischer am 28. Juni und 6. Juli 2023
- E-Mail-Kontakt mit Klaus Hoppe (Campus Management GmbH) am 29. Juni 2023
- E-Mail-Kontakt mit der Pressestelle des Studentenwerks Ost-Niedersachsen am 5. Juli 2023
- youtube.com: "Rat der Hansestadt Lüneburg. Sitzung am 29 .Juni 2023" ab Minute 44
- Pressemitteilung des Moses Mendelssohn Instituts vom 29. März 2023