"Kein juristisches Schlupfloch" Kirchenasyl verhindert 58 Abschiebungen

Mehr als die Hälfte aller Abschiebungen in Hamburg konnten durch Kirchenasyl nicht vollzogen werden. Die Überstellung an andere EU-Staaten klappt selten.
In Hamburg hat das Kirchenasyl im vergangenen Jahr in mehr als der Hälfte der Fälle eine Abschiebung verhindert. Von insgesamt 111 gemeldeten Kirchenasylen konnten 58 Abschiebungen nicht vollzogen werden, wie Daniel Schaefer, Sprecher der Innenbehörde, mitteilte. Ende Mai befanden sich 13 Personen im Asyl Hamburger Kirchengemeinden.
Bei allen Kirchenasyl-Fällen handelt es sich ausschließlich um Abschiebungen in andere EU-Länder nach der Dublin-III-Verordnung. Diese erlaubt Überstellungen nur innerhalb einer bestimmten Frist, in der Regel sechs Monate nach Zustimmung des anderen Mitgliedstaats. Wird die Frist überschritten, wird Deutschland für das Asylverfahren zuständig.
Asylbewerber nur selten an andere EU-Staaten überstellt
Zudem gelingt die Überstellung von Asylbewerbern an andere EU-Staaten nur selten. Nach dem jüngsten Lagebild der Stabsstelle Flüchtlinge des Hamburger Senats wurde 2024 die Überstellung von 1.567 Personen beantragt. In 927 Fällen stimmten die angefragten EU-Länder zu. Letztlich kam es aber nur zu 290 tatsächlichen Überstellungen.
Am 30. September 2024 wurde erstmals in Hamburg ein Betroffener aus einem Kirchenasyl abgeschoben. Ein Afghane wurde nach Schweden gebracht, was bei den Kirchen auf scharfe Kritik stieß. Nach Angaben des Amtes für Migration reiste der Mann am 12. Oktober wieder illegal nach Deutschland ein. Am 19. November erfolgte seine erneute Abschiebung nach Schweden.
Vereinbarung zwischen Kirchen und Bundesamt seit zehn Jahren
Für das Kirchenasyl haben Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2015 eine Vereinbarung getroffen. Diese sieht vor, dass in besonderen Härtefällen der Asylantrag erneut geprüft wird. Die Kirchen legen dem Bundesamt dazu ein Dossier vor, das den Härtefall ausführlich begründet.
Der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) hatte im Herbst im Zusammenhang mit dem Fall des Afghanen darauf hingewiesen, dass der Betroffene das Kirchenasyl verlassen müsse, wenn das Bundesamt die Einwände der Kirche nicht anerkenne.
Bei einer Mahnwache im vergangenen Oktober in Hamburg hatte die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, gesagt: "Kirchenasyl ist kein juristisches Schlupfloch." Es sei ein Signal. "Für eine Gesellschaft, die Menschlichkeit vor Bürokratie stellt."
- Nachrichtenagentur dpa
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