Kiel Gute Stimmung im Einzelhandel nach 2G-Ende: Inzidenz sinkt
Nach zehnwöchigem Verbot dürfen seit dem Wochenende auch Ungeimpfte wieder in allen Hamburger Geschäften einkaufen. Bei sonnig-kaltem Wetter erlebte die Innenstadt am Sonnabend einen regen Andrang von Kunden. Die 2G-Regel hatte seit Anfang Dezember für alle Geschäfte gegolten, die nicht Waren des täglichen Bedarfs anbieten.
Bis Ende Januar war die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen in Hamburg auf knapp 2200 gestiegen, seitdem sinkt sie. Am Sonntag gab die Gesundheitsbehörde den Wert mit 1519,2 an. Erstmals seit vier Wochen lag der Tageszuwachs mit 953 erfassten Neuinfektionen unter 1000. Auf dem Höhepunkt der Omikron-Welle waren am 27. Januar 7814 Neuinfektionen gemeldet worden. Für ganz Deutschland teilte das Robert Koch-Institut (RKI) erstmals seit Ende Dezember eine niedrigere Sieben-Tage-Inzidenz als am Vortag mit - wobei die Aussagekraft der Daten derzeit eingeschränkt ist. Das Institut nannte am Sonntag einen Wert von 1466,5, nach 1474,3 am Vortag.
Seit Sonnabend müssen Kunden beim Betreten Hamburger Geschäfte nicht mehr nachweisen, dass sie geimpft oder von Covid-19 genesen sind - es reicht das Tragen einer FFP2-Maske. Für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren sowie die Beschäftigten in den Verkaufsstellen oder Ladenlokalen genügen medizinische Masken. In Schleswig-Holstein gilt der Wegfall der 2G-Regel bereits seit Mittwoch. In Niedersachsen hatte das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg die 2G-Regel für Geschäfte bereits vor Weihnachten gekippt.
Anfang Februar hatte der Hamburger Senat beschlossen, auf die Kontaktnachverfolgung in Restaurants, Kinos, Theatern und sonstigen Einrichtungen und Veranstaltungen zu verzichten. Aufgrund der hochen Zahl der Neuinfektionen hatte allerdings bereits in den Wochen davor quasi keine Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter mehr stattgefunden.
Der Kieler Virologe Helmut Fickenscher hält die Öffnungen im Einzelhandel für problemlos. "Es war ohnehin schwer verständlich, weshalb es gefährlicher ist, Klamotten zu kaufen als Lebensmittel", sagte der Leiter des Instituts für Infektionsmedizin der Christian-Albrechts-Universität der Deutschen Presse-Agentur.
Fickenscher glaubt, dass weitere Lockerungen wie der Wegfall der 2G-Regel in Restaurants möglich sind: "Vieles deutet darauf hin, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle in Schleswig-Holstein und wenigen anderen norddeutschen Ländern überschritten ist." Es sei zu erwarten, dass die Epidemie massiv zurückgehen werde, wenn es wärmer werde. Das hätten die Vorjahre gezeigt. "Wann das konkret der Fall sein wird, bleibt noch offen. Da ist der Optimismus der Politik etwas zu groß. Der Sommer beginnt halt noch nicht im März", sagte der Virologe.
Der Hamburger Psychosomatiker Bernd Löwe riet zu einem gelasseneren Umgang mit der Pandemie. "Gerade nimmt Covid-19 einen zu großen Bestandteil in unserem Leben ein, der Fokus auf das Virus beeinflusst uns massiv in unserem Tun und in unserer Wahrnehmung", sagte der Klinikdirektor am Universitätsklinikum Eppendorf dem "Hamburger Abendblatt" (Montag). Der Facharzt für Psychosomatische Medizin verwies auf die Impfungen und eine ungefährlichere Variante des Virus und forderte: "Wir müssen dekatastrophisieren."
Viele Hamburger Geschäftsleute ersetzten am Sonnabend die alten Hinweisschilder an ihren Ladentüren. Ein Spielzeughändler etwa stellte vor sein Geschäft in Eimsbüttel ein aufmunterndes Schild mit der Aufschrift "FFP2-Maske (Behördliche Anordnung) - Gute Laune (Idee von uns)". In der Innenstadt herrschte am frühen Nachmittag reger Kundenandrang.
Die Geschäftsführerin des City-Managements, Brigitte Engler, sprach von einem "unfassbar guten Besuch". Die Stimmung sei sehr gut, es werde viel eingekauft. Viele Händler hätten sich zum bevorstehenden Valentinstag besondere Aktionen einfallen lassen. "Das kommt auch gut an." Sie habe die Hoffnung, dass die gute Stimmung auch auf andere Angebote in der Stadt ausstrahlt, sagte Engler.
In Hamburg-Bergedorf demonstrierten am Sonnabend nach Angaben der Polizei bis zu 700 Menschen gegen die Corona-Politik des Senats. Rund 100 Gegendemonstranten fanden sich ein. Es kam zu keinen größeren Zwischenfällen.