Messerattacke von Brokstedt Hamburger Senatorin widerspricht Vorwürfen aus Kiel
Die Hamburger Justiz wehrt sich gegen Kritik nach dem Messerangriff von Brokstedt: Die Kieler Behörden hätten alles gewusst.
Die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) widerspricht der Kritik an ihren Behörden in der Debatte um die Messerattacke in einem Zug bei Brokstedt. "Die Ausländerbehörde in Kiel hat die entscheidenden Informationen aus Hamburg erhalten", sagte Gallina t-online. Die Senatorin muss sich am Donnerstag an 14 Uhr im Justizausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft rechtfertigen. Das Thema war kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt worden.
Bestimmte Informationen aus Hamburg zum mutmaßlichen Täter Ibrahim A. seien nicht in Schleswig-Holstein angekommen, hatte Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) am Mittwoch gesagt.
"Behörde in Kiel wusste seit Mai 2022 Bescheid"
Die Ausländerbehörde in Kiel habe mindestens seit Mai 2022 gewusst, dass der Tatverdächtige Ibrahim A. in Hamburg in Untersuchungshaft gesessen habe. "Sein Aufenthaltsort war in Kiel also bekannt", sagte Gallina vor der Ausschusssitzung. Die Aktenlage, wer wann Bescheid wusste, sei eindeutig. Durch einen E-Mail-Verkehr sei belegbar, dass die Information im Mai 2022 nach Kiel gelangt sei.
Zur Entlassung aus der Untersuchungshaft wenige Tage vor der Tat in dem Zug erklärte Gallina auf Rückfrage: "Es gab zuletzt ein Telefonat im November 2022 zwischen der Justizvollzugsanstalt und der Ausländerbehörde in Kiel. Die Justizvollzugsanstalt war sehr bemüht, Ibrahim A. bei der Verlängerung seiner Fiktionsbescheinigung zu unterstützen." Aus Kiel habe es geheißen, man solle A. bei der Ausländerbehörde vorbeischicken, wenn er aus der Haft entlassen sei. "Und genau dort ist er dann ja auch angekommen."
Ministerinnen fordert Verbesserungen in der Zusammenarbeit
"Es ist jetzt richtig, dass sich alle an dem Fall beteiligten Stellen jetzt die Frage stellen, ob wir etwas verbessern können", sagte die Senatorin weiter. "Diese Frage ist allerdings nicht unbedingt damit verknüpft, ob wir diese Tat hätten verhindern können. Das muss man so ehrlich sagen", erklärte Gallina. "Dennoch wollen wir alle besser werden, um das Risiko zu minimieren, dass solche Taten verübt werden." Auch Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Touré hatte gesagt, die Behörden müssten länderübergreifend schneller und besser zusammenarbeiten. Schwere Mehrfachtäter aus dem Ausland müssten unverzüglich ausgewiesen werden.
Der 33 Jahre alte Palästinenser war erst wenige Tage vor der Gewalttat – dabei gab es zwei Tote und fünf Verletzte – in Hamburg aus der Haft entlassen worden. Über eine Rücknahme des sogenannten subsidiären Schutzstatus ist laut Bundesamt für Migration (Bamf) noch nicht entschieden worden.
Auch Bamf will von nichts gewusst haben
Als Grund nannte ein Abteilungsleiter in Kiel, es sei nicht möglich gewesen, Ibrahim A. rechtliches Gehör zu geben, da dieser keinen festen Wohnsitz hatte. Hätte das Bamf Kenntnis von der Hamburger Untersuchungshaft gehabt, wäre es ein Leichtes gewesen, darüber zu entscheiden, sagte der Abteilungsleiter. Auch der Austausch mit der Kieler Ausländerbehörde habe keine entsprechenden Hinweise ergeben.
Nach seiner Inhaftierung könne Ibrahim A. nun gehört werden – es sei wahrscheinlich, dass sein Schutzstatus zurückgenommen werde. Ob dies aber zu einer Abschiebung führe, sei offen – dies wäre Sache der zuständigen Ausländerbehörde.
- Interview mit Anna Gallina
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa