hamburg.t-online - Nachrichten für Hamburg
Such Icon
hamburg.t-online - Nachrichten für Hamburg
Such IconE-Mail IconMenü Icon


Hamburg

Schulstart in Hamburg treibt Eltern auf die Barrikaden: "Wie ein Einzelkämpfer"


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

"Wie ein Einzelkämpfer"
Schulstart in Hamburg sorgt bei Eltern für Ärger


Aktualisiert am 08.08.2020Lesedauer: 4 Min.
Ein Mädchen hält eine Maske hoch: In Hamburgs Schulen gilt eine Maskenpflicht – jedoch nicht im Unterricht. (Symbolfoto)Vergrößern des Bildes
Ein Mädchen hält eine Maske hoch: In Hamburgs Schulen gilt eine Maskenpflicht – jedoch nicht im Unterricht. (Symbolfoto) (Quelle: Symbolfoto/Cavan Images)

In Hamburg ist das neue Schuljahr gestartet: Mit vollen Klassen und vielen Fragen zur Sicherheit der Schulkinder. Viele Eltern machen sich große Sorgen – und kämpfen mit eigenen Mitteln.

Hamburg ist nach Mecklenburg-Vorpommern das zweite Bundesland, in dem die Schulferien diese Woche zu Ende gegangen sind. Nach der Corona-Pause und dem Sommer geht die Rückkehr zum Regelbetrieb manchen jedoch zu schnell. Während viele Schüler dem Alltag mit ihren Freunden entgegenfiebern, sind die Erwachsen alarmiert.

Vor allem Eltern und Lehrer kritisieren das Vorgehen der Hamburger Regierung scharf. Sie fürchten um die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler. So unterzeichneten bis Samstagmittag rund 1.280 Hamburger online einen offenen Brief der Elterninitiative "Sichere Bildung für Hamburg!". Darin wird die Rückkehr zu vollen Klassen und Unterricht ohne Maske kritisiert. Es fehle ein sicheres Konzept für den Schulstart und ein "Plan B", heißt es.

Hygienekonzept "in Arbeit" – einen Tag vor Schulbeginn

Sein Sohn habe sich eigentlich sehr auf die Schule gefreut, erzählt ein besorgter Vater t-online.de. Am Mittwoch habe er dann die Schule seines Sohnes angerufen und nach einem Hygiene-Konzept gefragt. Das sei noch "in Arbeit", hieß es – einen Tag vor Schulbeginn. Überzeugt hat diese Ansage den Vater nicht. Vorsichtshalber hat er seinen Sohn deshalb nicht in die Schule gelassen. Stattdessen meldete er der Schule, es ginge ihm selbst gesundheitlich nicht gut und er würde den Sohn deshalb ebenfalls vorsichtshalber zu Hause behalten. Das Attest vom Arzt will er sich noch abholen.

Doch eine langfristige Lösung scheint das nicht zu sein. Der Vater erzählt, dass sein Sohn mit der Homeschooling-Zeit gut zurecht gekommen sei, selbstständig gearbeitet habe und mit dem Arbeiten am Computer auch keine Probleme hatte. Deshalb lautet sein Vorschlag: Schüler, die kein Problem mit digitaler Schule haben, sollten weiterhin zu Hause lernen. "Der Klassenverband würde davon profitieren", sagt er. So könnte die Klassengröße vor Ort reduziert werden – und somit auch die Gefahr eines Corona-Ausbruchs, glaubt der Vater, der derzeit selbst im Homeoffice arbeitet. Dafür will er als "Einzelkämpfer" weiter Überzeugungsarbeit leisten.

"Die Schulöffnung belastet die ganze Familie"

Der Politik, die wenige Tage vor Schulbeginn eine Maskenpflicht außerhalb der Klasse angekündigt hatte, macht er hingegen Vorwürfe: "Für mich ist das reiner Zweckoptimismus. Man fragt sich, was die Verantwortlichen gemacht haben. Sie hätten doch Zeit gehabt, alles durchzudenken". Stattdessen habe man die Leute in den Urlaub entlassen. Die Folge: Chaotische Zustände.

Diese kritisiert auch eine Mutter von drei Kindern im Alter von 8, 10 und 11 Jahren in Hamburg. Eines der Kinder ist Hochrisikopatient. Die Situation belastet die ganze Familie, denn die beiden Geschwister könnten nun das gefährdete Kind anstecken: "Ich bin mit der Schulöffnung nicht einverstanden", sagt die Mutter. "Ich verstehe die Politik nicht, die Maßnahmen sind nicht transparent." Die Schulöffnung sei ohne jegliches Konzept geschehen und auf eine Art, die den Behörden am wenigsten Arbeit mache, so ihr Eindruck.

Die Gruppen etwa, die nun an Schulen ohne Abstandsregeln zusammen lernen sollen, seien viel zu groß. An der Schule eines ihrer Söhne bilden die 1. bis 4. Klassen eine solche Kohorte. Auch die Reiserückkehrer bereiten ihr Sorgen. Etwa die Ungewissheit, ob andere Eltern ihre Kinder auch zu Hause lassen, nachdem sie Urlaub im Risikogebiet gemacht haben.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Sie habe das Gefühl, sie müsse ihre Kinder nun selbst beschützen. Da eines ihrer Kinder eine schwere Erkrankung hat, hat sie über einen Facharzt ein Attest für die anderen beiden Kinder bekommen, dass sie der Schule vorgelegt habe. Damit müssen die anderen beiden auch nicht wieder in die Klasse – zumindest bis Ende nächster Woche, solange gilt die Befreiung.

Und dann? Die Mutter will ihre Kinder weiter zu Hause behalten, auch wenn sie damit eine Außenseiterrolle einnehmen. Die Hoffnung: Wenn die Fallzahlen nach den Ferien wieder steigen, würden die Schulen doch schneller wieder zu Unterricht in Kleingruppen und mehr Fernunterricht zurückgehen. Langfristig hofft sie auf einen Impfstoff und versucht bis dahin, den Kindern die Angst vor dem Virus zu nehmen. Schließlich "googeln die auch alles".

Vernünftige Vorbereitung verschlafen?

"Ich finde es völlig richtig, dass Kinder in die Schule gehen", sagt ein anderer Vater aus Hamburg, der zwei Kinder im schulpflichtigen Alter hat. Er mache sich zwar schon ein bisschen Sorgen – wegen der vorangegangenen Ferienzeit und den vielen Reiserückkehrern. Doch "Kinder brauchen Schule", davon ist er überzeugt.

Damit die Rückkehr klappt, müssen sich alle in den Schulen an die Regeln halten, glaubt er. Es müsse klar sein, welche Hygiene-Konzepte es gebe und wie zu handeln sei. Die Schule eines seiner Söhne habe am Abend vor dem ersten Schultag etwa ein 14-seitiges Informationsblatt per E-Mail verschickt.

Die Eltern sollten es lesen und die Kinder über die Vorgaben unterrichten. Das sei schon etwas kurzfristig gewesen, so der Vater. Schließlich habe auch nicht jede Familie ständig Zugang zu digitalen Endgeräten, um Mails abzurufen. Allgemein sieht er in der digitalen Aufstellung der Schulen eine große Lücke.

Wie geht es weiter?

Vor den Ferien habe er noch Verständnis für die "Phase der Improvisation" gehabt. Doch nun sei die Notsituation vorbei. Vielmehr müsse man sich gerade im Hinblick auf das neue Schuljahr darauf einstellen, dass Fernunterricht wieder eingeführt werden könnte. "Ich bin nicht begeistert, wie die Schulen das gemacht haben", sagt er. Man hätte die Sommerferien nutzen können, um die Ausstattung, aber auch die Ausbildung der Lehrer zu verbessern. Hinter den Kulissen sei da offenbar nicht mehr passiert, als ohnehin ersichtlich.

In Mecklenburg-Vorpommern, dem ersten Bundesland, das die Schulen nach mehrmonatiger Pause wieder öffnete, wurden bereits nach einer Woche zwei Schulen wegen Corona-Fällen geschlossen. Auch in Hamburg hat es noch vor dem eigentlichen Schulstart eine Corona-bedingte Schulschließung gegeben.

So hat die Rudolf-Steiner-Schule in Altona zunächst den Betrieb nach den Ferien erst gar nicht aufgenommen. Die Lage bleibt also fragil. Wenn kommende Woche Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg wieder den Schulunterricht aufnehmen, kann es für alle Beteiligten ziemlich nervenaufreibend werden.

Die Namen der auftretenden Eltern sind der Redaktion bekannt, wurden auf deren Wunsch jedoch nicht genannt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräche mit Eltern
  • mit Material der dpa
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website