Hamburg Grunderwerbsteuer soll in Hamburg auf 5,5 Prozent steigen
Hamburgs rot-grüner Senat will den Kauf einer Immobilie oder einer Wohnung Anfang 2023 über eine Anhebung der Grunderwerbsteuer verteuern und so zusätzlich Einnahmen in Höhe von rund 132 Millionen Euro pro Jahr erzielen. Mit der am Dienstag beschlossenen Anpassung der Steuer von derzeit 4,5 auf dann 5,5 Prozent reagiere der Senat auf die coronabedingt angespannte Haushaltslage, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Die Opposition in der Hamburgischen Bürgerschaft und der Bund der Steuerzahler kritisierten die Pläne des Senats scharf.
Dressel betonte, Hamburg liege mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuer im Ländervergleich künftig im Mittelfeld. Die bundesweit niedrigste Grunderwerbsteuer erheben mit 3,5 Prozent die Länder Bayern und Sachsen, die höchste mit 6,5 Prozent die Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Schleswig-Holstein und das Saarland. Die Grunderwerbsteuer wird - anders als die Grundsteuer - nur beim Kauf einer Immobilie fällig. Die Bürgerschaft muss den Plänen des Senats noch zustimmen.
Der Finanzsenator kündigte an, dass für junge Familien, die eine selbstgenutzte Wohnimmobilie erwerben wollten, eine Ermäßigung der Grundsteuer auf 3,5 Prozent geplant sei. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass das Ampel-Bündnis in Berlin wie im Koalitionsvertrag vorgesehen die Voraussetzungen für eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer durch die Länder ermögliche. Gleiches gelte für die Grunderwerbsteuer bei Sozialwohnungen und Erbbaurechtsgrundstücken, die ebenfalls gesenkt werden soll.
Aus der Opposition kam heftige Kritik. Dass der Senat versuche, die Steuererhöhung mit einer leichten Absenkung des Steuersatzes für den Ersterwerb von Wohneigentum junger Familien zu begründen, sei Augenwischerei, sagte der CDU-Haushaltsexperte Thilo Kleibauer. "Hierfür ist zunächst eine Änderung der bundesgesetzlichen Vorgaben erforderlich, die die SPD selbst jahrelang blockiert hat." Und auch in Hamburg seien alle Initiativen zur Förderung der Eigentumsbildung seit 2011 von den SPD-geführten Senaten ignoriert worden.
Kleibauer wies auch darauf hin, dass der Finanzsenator in den vergangenen Jahren bei der Grunderwerbsteuer deutlich von den gestiegenen Grundstückspreisen profitiert habe. So sei deren Aufkommen seit 2016 um 30 Prozent auf 600 Millionen Euro gestiegen. Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sprach von einem falschen Signal zur falschen Zeit: "Viele kleine und mittlere Unternehmen in der Bau- und Immobilienbranche stehen wirtschaftlich unter Druck, durch Corona-Folgen, Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel und steigende Baukosten." In dieser Situation den Kostendruck weiter zu steigern, stelle eine schwere Belastung dar.
Der Bund der Steuerzahler nannte die Pläne einen unsozialen Schritt, der Familien und Menschen mit kleinem Geldbeutel aus der Stadt treibe. Statt den Rotstift bei sich selbst anzusetzen, wälze der Senat die Konsequenzen der Corona-Pandemie auf die Bürgerinnen und Bürger ab, klagte die Hamburger Steuerzahlerbund-Vorsitzende Petra Ackmann. Das aktuelle Schwarzbuch zeige zudem, dass es in Hamburg zahlreiche Projekte gebe, die sich der Senat schlicht hätte sparen können. "Was nützen leere Fahrradparkhäuser und unnötige Brücken, wenn bald keine jungen Menschen mehr in Hamburg wohnen, die diese ohnehin unnötigen Projekte nutzen könnten."
Scharfe Kritik kam auch von der AfD. "Dass Rot-Grün dies mit Corona- und Klimakrise begründet, ist ein Unding", sagte Fraktionsvize Alexander Wolf. Wieder einmal müssten Corona und Klima dafür herhalten, "um rot-grüne Gängelung, Umverteilung und Steuererhöhungen zu bemänteln".
Auch der Grundeigentümer-Verband Hamburg zeigte sich unzufrieden. "Im gegenwärtigen, von steigenden Baukosten, erhöhten Klimaschutzauflagen und einem knappen Grundstücksangebot geprägten Marktumfeld kommt eine Anhebung des Grunderwerbsteuersatzes äußerst ungelegen", sagte Verbandschef Torsten Flomm. Die geplanten kostensenkenden Maßnahmen zur Unterstützung der Wohnungswirtschaft seien jedoch hilfreich, "die bittere Pille der Steuererhöhung besser zu schlucken".
Der Wirtschaftsrat Hamburg der CDU nannte die Erhöhung unnötig und kontraproduktiv. "Die geplante Reduzierung für den Ersterwerb junger Familien ist nur ein unzureichendes Trostpflaster." Und Handelskammer-Präses Norbert Aust betonte: "Der Senat sollte überdenken, ob das Betätigen der Bremse bei der Bewältigung des Weges aus der Krise wirklich der richtige Ansatz ist."
Die Linken unterstützen dagegen die Senatspläne. "Auch die Möglichkeit, etwa für den sozialen Wohnungsbau niedrigere Sätze zu realisieren, halten wir für richtig und haben das immer gefordert", sagte der Linken-Finanzexperte David Stoop. Gleichzeitig forderte er den Senat und die Ampelkoalition im Bund auf, das Steuerschlupfloch "Share Deals" unverzüglich zu schließen. "Wenn eine Privatperson die erste und oft teure Eigentumswohnung kauft, muss sie Grunderwerbssteuer zahlen. Wenn aber ein Konzern tausende von Wohnungen kauft, indem er ein ganzes Unternehmen übernimmt, zahlt er gar nichts", sagte Stoop. Das müsse aufhören.