Premiere des Kinofilms über Claas Relotius Bully bedankt sich beim "Spiegel" für die Steilvorlage
Bei der Premiere des Kinofilms über Claas Relotius tauchte auch der Regisseur auf. Bully Herbig dankte dem "Spiegel" für die satirische Steilvorlage.
Die Besucher der Astor Film-Lounge in der Hafencity staunten nicht schlecht, als am Freitagabend plötzlich Regisseur Michael "Bully" Herbig und die Schauspieler Jonas Nay und Nina Eichinger im Foyer auftauchten. Gezeigt wurde Herbigs neuer Film "Tausend Zeilen", der die Geschichte des Medienskandals um den "Spiegel"-Journalisten Claas Relotius erzählt.
Der Film beruht auf dem Buch des Journalisten Juan Moreno: "Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus". Moreno, auf der Leinwand verkörpert von Elyas M'Barek, stößt eher zufällig auf Ungereimtheiten in den Reportagen seines als Star-Journalisten gefeierten Kollegen Claas Relotius. Der heißt im Film Lars Bogenius und wird von Jonas Nay gespielt. Moreno alarmiert Kollegen beim "Spiegel", rennt aber gegen verschlossene Türen. Er geht bis an die Grenze, um den größten Medienskandal der Nachkriegsgeschichte nach der Fälschung der Hitler-Tagebücher aufzudecken.
Das Atlantic Hotel hielt als Kulisse für den "Spiegel" her
Der Kinofilm hatte seine Weltpremiere am Mittwoch in München. Dass der Regisseur samt zweier Protagonisten überraschend in Hamburg auftauchte und sich dort angeregt mit Kinobesuchern über seine "Liebeserklärung an den seriösen Journalismus" unterhielt, war kein Zufall. Der Film wurde zum Teil in Hamburg gedreht, unter anderem im Atlantic Haus in St. Pauli, das als Kulisse für die Szenen im "Spiegel" herhielt.
Dem "Spiegel" hatte Herbig gesagt: "Wir haben eine Marktforschung in Auftrag gegeben, und etwa 70 Prozent der Befragten haben von dem Fall noch nie gehört." Der Besuch in Hamburg war also auch eine Gelegenheit, um vor Ort die Werbetrommel für seinen Film zu rühren – wenn auch ohne den Publikumsliebling Elyas M'Barek. "Der", so witzelte Herbig bei der Premiere, "wird sicher mal ein Großer".
Karikatur eines Ressortchefs
Dem "Hamburger Abendblatt" sagte Herbig, seine erste Reaktion auf die Enthüllung des Medien-Skandals sei Mitleid für den "Spiegel" gewesen. "Oje, in deren Haut willst Du jetzt nicht stecken." Inzwischen glaube er aber, dass der damalige Ressort-Chef, der Moreno zunächst nicht glaubte, Opfer seiner eigenen Eitelkeit geworden sei. "Man hat gerade einen Lauf, steht so kurz vor der Beförderung, dieses größte Nachrichtenmagazin zu leiten. Da will man nicht wahrhaben, dass das was nicht mit rechten Dingen zugeht. Wenn da einer kommt und einem die Suppe versalzen will, verscheucht man ihn wie eine Fliege vom Teller."
Aber als Vorlage für einen Film sei die Figur grandios. "Je tiefer der Fall, desto mehr Spaß im Kino." Bei den treuen Herbig-Fans kam der Film gut an. Eine Frau schrieb: "Endlich darf man bei Bully wieder lachen."
- Reporter vor Ort
- Spiegel: "Ich mag Hochstaplergeschichten, liebe Gaunerkomödien"
- Hamburger Abendblatt: "Wie Michael "Bully" Herbig den Relotius-Skandal verfilmte (kostenpflichtig)