Geschichte aus Beton Hamburgs Bunker – einst Verteidigung, heute Touristenmagnet

Viele Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg sind als außergewöhnliche Touristenmagnete. Was einst als Schutzraum diente, beherbergt nun Luxushotels, Dachgärten und sogar ein Energiekraftwerk mit spektakulärem Ausblick.
Hamburgs graue Betonkolosse haben einen bemerkenswerten Wandel vollzogen: Der Flakbunker St. Pauli, einst Zufluchtsort für 18.000 Menschen während der Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg, trägt heute einen üppigen Dachgarten und das stylische "Reverb by Hard Rock"-Hotel. "Das Ding ist nur entstanden, weil wir einen Garten haben wollten", erklärt Miriam Wiese vom Verein Hilldegarden, die Besuchergruppen über den 560 Meter langen "Bergpfad" auf den Bunker führt.
Der begrünte Bunker eröffnete vor einem Jahr und konnte seither etwa 2,3 Millionen Besucher anlocken. An manchen Tagen seien es mehr als 20.000 gewesen. Der Eintritt ist kostenlos.
Auch der etwas kleinere Flakbunker Hamburgs in Wilhelmsburg hat eine erstaunliche Verwandlung erlebt: Die ehemalige Kriegsruine wurde zum "Energiebunker" umfunktioniert. Das Herzstück: ein 20 Meter hoher Wärmespeicher, der zwei Millionen Liter Wasser fasst und ganze Stadtteile mit Wärme versorgt.
Besonders lohnenswert ist der Besuch des "Café vju" auf 30 Metern Höhe. Von der Außenterrasse bietet sich ein atemberaubender Blick auf die Hamburger Skyline – vergleichbar mit dem Panorama vom begrünten St. Pauli-Bunker, von dem aus Michel, Elbphilharmonie und Hafen zu sehen sind.
Tiefbunker beim Hauptbahnhof mit unerbittlicher "Dosieranlage"
Wer den "Tiefbunker Steintorwall" direkt neben dem Hauptbahnhof besuchen will, muss zunächst eine versteckte Bodenplatte im Durchgang vom Hauptbahnhof zur Mönckebergstraße finden. Das Ehepaar Richter führt Besucher durch das kühle unterirdische Labyrinth, wo konstant zwölf Grad herrschen. "Mit Flipflops und High Heels kommt man nicht runter", warnt Sonja Richter.
Der Bunker wurde im Kalten Krieg zum ABC-Schutzbunker umgerüstet – mit erschreckenden Details: Eine "Dosieranlage" zählte exakt 1.351 Menschen pro Bunkerhälfte. War diese Zahl erreicht, schlossen sich die Türen automatisch – "egal, ob Kind oder Partner noch draußen sind", erklärt Michael Richter.
Karger Röhrenbunker macht etwas beklommen
Wer tiefer in die Geschichte eintauchen möchte, kann einen der Röhrenbunker in Hamburg-Hamm besichtigen. Historikerin Stephanie Kanne beantwortet dort Fragen zum kargen Alltag im Bunker: Schlafen auf Holzbänken, kein eigenes Essen, Toiletten am Ende jeder Röhre. Was die Menschen während des Feuersturms 1943 empfanden? "Dafür fehlt uns die Vorstellungskraft", sagt Kanne nachdenklich.
In keiner anderen deutschen Stadt wurden im Zweiten Weltkrieg so viele Bunker errichtet wie in Hamburg. Über 1.000 sind dokumentiert. Knapp die Hälfte waren kleinere Röhrenbunker. Viele Bunker wurden nach dem Krieg umgenutzt. Sie sind Teile einer düsteren Geschichte. Vielen konnte neues Leben eingehaucht werden, manche sind heute regelrechte Touristenattraktionen.
- Mit Material der Nachrichteagentur dpa
- reverb.hardrock.com: "Hard Rock Cafe Hamburg"
- vjuimenergiebunker.de: "vju im Energiebunker"
- unternehmen.hamburger-energiewerke.de: "Besichtigungen bei den Hamburger Energiewerken"
- hilldegarden.org: "Hilldegarden – Stadtgarten auf dem Bunker"
- hh-hamm.de: "Bunkermuseum Hamburg-Hamm"
- hamburgerunterwelten.de: "Hamburger Unterwelten"
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