Messerattacke im Zug Verteidiger: Ibrahim A. könnte unter Drogen gestanden haben
Nach dem tödlichen Messerangriff im Regionalzug Kiel-Hamburg sind viele Fragen offen. Aus welchem Grund stach der mutmaßliche Täter um sich?
Der Verteidiger des Messerangreifers von Brokstedt hat ein terroristisches Motiv seines Mandanten ausgeschlossen. "Ich gehe sicher davon aus, dass er kein politisches oder religiöses oder terroristisches Motiv in sich trägt", sagte Rechtsanwalt Björn Seelbach der Deutschen Presse-Agentur. Für möglich halte er hingegen, dass der 33-Jährige bei der Tat wütend und außer sich war. Er könne auch psychisch krank sein oder unter dem Einfluss von Drogen gestanden haben.
Nach Informationen von t-online wurde Ibrahim A. aufgrund seiner Drogenerkrankung während seiner Haftzeit bis zum Tag der Entlassung substituiert. Substitution bedeutet Ersatz oder Ersetzung und ist eine für Heroinabhängige vorgesehene Behandlung. Die Betroffenen erhalten dabei einen Ersatzstoff wie Methadon. Das langfristige Ziel bleibt jedoch die Abstinenz.
Nach seiner Entlassung habe die Justizvollzugsanstalt die Methadon-Behandlung des Tatverdächtigen kurzfristig organisiert, sagte eine Sprecherin der Hamburger Justizbehörde t-online.
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Motiv von Ibrahim A. weiterhin unklar
Laut Seelbach habe sein Mandant nach seiner Festnahme am 20. Januar 2022 einen "kalten" Drogenentzug in der Untersuchungshaft gemacht. Er sei fälschlicherweise mit Methadon behandelt worden. Das habe ihm bei seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls eine Strafmilderung eingebracht. Vor seiner Entlassung habe sich A. um eine Therapie bemüht, um seine Drogenabstinenz zu verfestigen. Das sei abgelehnt worden, sagte Seelbach.
Das Motiv des Tatverdächtigen ist unterdessen weiter unklar. Beim Erlass des Haftbefehls am Donnerstag habe sein Mandant keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht, sagte Seelbach. Das Amtsgericht erließ den Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen.
Auch zu den Vernehmungen des Tatverdächtigen wurden keine weiteren Einzelheiten bekannt. Schon am Donnerstag hatte sich A. nach Angaben von Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) nicht geäußert, sodass man keine Rückschlüsse auf sein Motiv habe ziehen können. Daran änderte sich – soweit bekannt – auch am Freitag nichts.
Mehrere Opfer laut Bericht im künstlichen Koma
Wie das "Hamburger Abendblatt" unter Berufung auf eigene Informationen berichtet, sollen mehrere Opfer von A. nach der Messerattacke im Zug von Kiel nach Hamburg im künstlichen Koma liegen. Wie viele der fünf zum Teil lebensgefährlich verletzten Opfer dies betrifft, ist unklar. Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft Itzehoe waren am Freitagnachmittag für t-online zu erreichen.
Bislang ist bekannt, dass bei dem Angriff des 33-Jährigen im Regionalzug von Kiel nach Hamburg ein 19 Jahre alter Bahn-Azubi und eine 17-Jährige starben sowie fünf Menschen verletzt wurden. Laut "Abendblatt" sind zwei der Opfer lebensgefährlich verletzt, die anderen drei sollen schwer verletzt sein.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- abendblatt.de: "Messerattacke im Zug: mehrere Opfer liegen im künstlichen Koma" (kostenpflichtig)