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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ehrenamtlicher Verein "HerzCaspar" "Viele wissen gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt"
Wer schwer krank ist, fühlt sich schnell allein. Gegen diese Einsamkeit tut ein Verein in Hamburg etwas – und lädt regelmäßig zu Gruppen- und Einzelterminen ein.
Medizinisch fühlte sich Caspar von Schiller bestens versorgt. Doch die Langeweile. Er hatte nichts zu tun, das deprimierte ihn. Der damals 15-Jährige musste viel Zeit im Krankenhaus verbringen, er litt an einer Herzerkrankung, die zu einer Herztransplantation führte. So kam er während der anschließenden Reha-Phase auf eine Idee.
Er wollte im Laufe seines späteren Lebens eine Initiative gründen. Das Ziel: jungen Menschen während ihres Aufenthaltes im Krankenhaus Abwechslung bieten. Gemeinsam Filme oder Serien gucken, quatschen oder Musik machen. Er wollte Normalität in den Krankenhausalltag bringen.
Doch Caspar starb 2014 im Alter von 20 Jahren, weil sein Körper sein transplantiertes Herz abgestoßen hatte. Seine Familie und Freunde setzten die Idee dennoch um – so entstand der Verein "HerzCaspar", der im September 2017 offiziell gegründet wurde. Heute gehören dem Projekt rund 60 Ehrenamtliche und zwei Hauptamtliche im Alter zwischen 18 und 35 Jahren an.
"HerzCaspar" will Krankenhausalltag für Kinder verbessern
Den Großteil davon machen die sogenannten "HerzCaspar"-Buddys aus. Das sind insgesamt 40 Ehrenamtliche, meist junge Erwachsene, die regelmäßig auf die (Kinder-)Stationen verschiedenster Kliniken gehen und dort Zeit mit den jungen, kranken Patienten verbringen. Zwei von ihnen sind Vanessa Kersten und Kai Winterberg.
Die 20-jährige Vanessa lernte den Verein kennen, als sie selbst länger im Krankenhaus war. Auf einer Weihnachtsfeier von "HerzCaspar" sei sie gefragt worden, ob sie nicht auch ein "Buddy" werden wolle, wenn sie alt genug sei. "Irgendwann im Lockdown habe ich dann gesehen, dass 'HerzCaspar' Online-Buddys sucht. Da war ich gerade alt genug und habe mich sofort angemeldet."
Kai war im Jahr 2019 beim Benefiz-Fußballturnier "Kicken mit Herz" dabei. Dort kam der heute 21-Jährige in Kontakt mit Ehrenamtlichen von "HerzCaspar". "Ich fand die super nett und die Idee super. Zu dem Zeitpunkt haben sie gerade Leute für die Buddy-Kohorte am UKE gesucht."
Seitdem engagieren sich die beiden ehrenamtlich und versuchen, den Klinikalltag von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Gemeinsam mit den anderen "HerzCaspar"-Buddys gehen sie entweder auf die Krankenhausstationen und veranstalten dort Gruppenaktionen oder führen Gruppenabende online über Zoom durch – diese Möglichkeit wurde während der Corona-Pandemie geschaffen, weil Besuche in Krankenhäusern untersagt waren.
Kinder aus Traurigkeit holen und etwas Normalität schaffen
Darüber hinaus gibt es Einzelbesuche, Einzelbetreuung mit Geschwisterkindern, Geschenkaktionen, Ausflüge und verschiedene Veranstaltungen. "Das ist schon viel, was wir mit dem Verein machen können. Viele wissen gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt", sagt Kai.
Was die Aufgabe so faszinierend macht, beschreibt Vanessa so: "Dass man mit so kleinen Dingen schon etwas Großes bewirken kann." Mit einem Gespräch oder einer Malaktion könne man die Kinder "aus diesem Krankheitstief, aus der Traurigkeit herausholen und ein bisschen Normalität schaffen", sagt sie.
Kai ergänzt: "Man bringt einfach Menschen zusammen und wir bekommen häufig auch hinterher noch positive Rückmeldungen von den Eltern." Einer der schönsten Momente für ihn sei gewesen, als er nach einem Zoom-Meeting eine E-Mail von einer Mutter bekommen habe, die geschrieben habe, dass sich das Treffen positiv auf die Entwicklung ihres Sohnes ausgewirkt habe. "Ich war mir lange nicht sicher, wie sehr wir mit diesen Online-Meetings die Kinder überhaupt vor ihren Bildschirmen erreichen." Deshalb habe ihn die Nachricht sehr bewegt.
"Das ist wirklich eine besondere Vereinskultur"
Aus diesem Grund hoffen Vanessa und Kai, dass die Bekanntheit des Vereins weiter wächst. "Viele haben akzeptiert, dass man einfach einsam ist, wenn man krank ist", sagt Vanessa. "Es ist nur wenigen bekannt, dass ein solcher Verein wie unserer existiert, der Möglichkeiten und Angebote anbietet, etwas mit den Kindern zu unternehmen."
Finanziert wird die Initiative "HerzCaspar", die auch in Gießen, Bielefeld und Berlin aktiv ist, komplett über Spenden. "Wir haben einige, die jährlich etwas zahlen, außerdem bekommen wir immer wieder mal von Unternehmen etwas, die zum Beispiel Spendenaktionen an Weihnachten machen. Und wir bewerben uns auf öffentliche Fördertöpfe, sodass wir darüber Unterstützung bekommen", sagt Katrin Wertz, hauptamtliche Projektleitung des Vereins.
Unterstützung werde weiterhin gesucht. "Es ist ein sehr junges, dynamisches Team, jeder kann seine Ideen einbringen. Wir alle reden sehr offen miteinander, auch in schwierigen Situationen", sagt Kai. Es sei ein sehr familiäres Miteinander. "Das ist wirklich eine besondere Vereinskultur."
Hintergrund zum Beitrag
Die Ehrenamtskampagne "Helping Hands" zeichnet soziale Projekte in Hamburg aus. Sie wird von der Ströer-Gruppe initiiert, zu der auch das Nachrichtenportal t-online gehört. Schirmherrin ist die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit.
- Gespräch mit Vanessa, Kai und Katrin Wertz
- herzcaspar.info: Webseite des Vereins