Umweltschutz an der Küste Nationalpark Ostsee? Warum es Widerstand gegen ein Schutzgebiet gibt
Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt will die Ostsee zumindest in Teilen zum Schutzgebiet ausweisen. Dagegen gibt es Widerstand.
Als das Umweltministerium Anfang April 2023 die Pläne für ein Schutzgebiet Ostsee Anwohnern, Fischer, Wassersportlern und Tourismusvertretern präsentierte, hagelte es aus verschiedenen Ecken Kritik. So waren die Fischer besorgt, ihre Fischgründe komplett an den neuen Nationalpark zu verlieren. Die Pläne des Umweltministers Tobias Goldschmidt würden ein komplettes Verbot der kommerziellen Fischerei bedeuten, kritisiert Lorenz Maeckwardt, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes im "Abendblatt". Es wäre "das Aus für die deutsche Berufsfischerei an der Ostsee".
Konkret prüft das Ministerium, Teile des Ostseeraums zu schützen. Explizit ausgenommen davon ist bislang die Lübecker Bucht mit ihren touristischen Ortschaften wie Timmendorfer Strand oder Scharbeutz. Auch die großen Häfen will der Umweltminister nicht antasten, also sind auch die Kieler Förde, die Innere Schlei und die Flensburger Innenförde nicht betroffen. Allerdings östlich der Kieler Bucht über Fehmarn bis etwa nach Kellenhusen könnte ein großes, zusammenhängendes Schutzgebiet entstehen.
Ostsee ist in schlechtem Zustand
Hintergrund der Überlegungen ist der aktuelle Zustand der Ostsee – und der gibt Anlass zur Sorge. Minister Goldschmidt spricht über "ein geschundenes Meer mit Todeszonen, in denen kein Fisch mehr leben kann, weil kein Sauerstoff mehr vorhanden ist." Das Ministerium wird auf seiner Homepage deutlich: "In weitgehender Übereinstimmung mit dem Zustandsbericht zur Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie werden als die wichtigsten Defizite Befischung (auch von Schutzgebieten), Schad- und Nährstoffeinträge, Unterwasserlärm, fehlende oder geringe Durchgängigkeit zwischen Meeres- und Binnengewässern, die Einschleppung nicht-einheimischer Arten und der Klimawandel aufgeführt." Die Ursache ist schnell ausgemacht: "Einer der wesentlichen Gründe für den schlechten Umweltzustand der marinen Arten und Lebensräume liegt im Fehlen von Rückzugsräumen vor von Menschen verursachten Störungen und Einflüssen."
Unberührte Natur, die ohne den Menschen sich selbst überlassen wird, gibt es an der Ostsee wenig. Dass jegliche Präsenz des Menschen zur Störung wird, weisen nun Wassersportler zurück. Björn Brüggemann, ein Kite- und Windsurfer sowie Segler, hat eine Kampagne gestartet und plant Veranstaltungen, die auf den angedachten Nationalpark aufmerksam machen soll, wie die Sternfahrt am 30. Juni nach Fehmarn. "Ein Nationalpark würde den mit Wind- und Muskelkraft betriebenen Wassersport erheblich einschränken und den schlechten Zustand der Ostsee nicht verändern", sagte er dem "Abendblatt".
Online-Petition gegen Schutzzone
Auch eine Online-Petition, die inzwischen geschlossen ist, startete Brüggemann. Über 26.000 Menschen unterzeichneten "Ja zum Naturschutz, nein zu Wassersportverboten!" Besonders hart könnte ein Schutzgebiet den Kite-Hotspot Fehmarn treffen. Tatsächlich wäre die Insel von einer Schutzzone komplett umgeben.
Nun sind weitere Workshops mit allen Akteuren geplant. Ob und wie das Naturschutzgebiet eingerichtet wird, ist noch unklar. Solche Schutzgebiete würden auch Konflikte mit sich bringen, so Minister Goldschmidt zum "Abendblatt". "So wird das hier an der Ostseeküste sicher auch sein." Mit dieser Einschätzung scheint er Recht zu behalten.
- schleswig-holstein.de: Konsultation Nationalpark Ostsee
- freie-ostsee-sh.de
- change.org: Gegen Kite-,Windsurf-,SUP-,Wellenreit- u. Foilverbote im geplanten Nationalpark Ostsee
- abendblatt: Was für den Nationalpark spricht - und was dagegen
- abendblatt: Ostsee soll Nationalpark werden – Aus für den Wassersport?