Entführung in Kiel Geiselnahme: Täter und Opfer hatten offenbar eine Vorgeschichte
Bange Stunden und Todesangst: Nach der Entführung einer jungen Frau in Kiel kommen immer mehr Details ans Licht.
Nach der Befreiung einer in einem Hangargebäude in Kiel festgehaltenen 29-Jährigen durch Spezialkräfte kommen immer mehr Details ans Licht. Der 27 Jahre alte Tatverdächtige, gegen den nun Haftbefehl erlassen wurde, und die Frau aus Rendsburg kannten sich nach Erkenntnissen der Ermittler seit mehreren Monaten. Der in Kiel lebende Mann soll die Frau im April mit einem Cricket-Schläger erheblich verletzt und danach eine Zeit lang ein Annäherungsverbot auferlegt bekommen haben, wie die Ermittler am Mittwoch mitteilten. Zudem soll er die 29-Jährige vor einiger Zeit vergewaltigt haben.
Das Kieler Amtsgericht erließ am Mittwoch Haftbefehl, unter anderem wegen des Vorwurfs der Geiselnahme. Dem 27-Jährigen wird vorgeworfen, die Frau in Kiel-Holtenau gegen ihren Willen festgehalten zu haben, wie der Kieler Oberstaatsanwalt Michael Bimler am Mittwoch sagte. Der Tatverdächtige schweigt bislang zu den Vorwürfen.
Ermittler wollen Opfer ausführlich befragen
Das Opfer befindet sich noch im Krankenhaus. Ermittler haben damit begonnen, die Frau dort umfassend zu den Geschehnissen seit ihrem Verschwinden am Sonntag und ihrer Befreiung aus einem Hangargebäude auf dem Gelände des ehemaligen Marinefliegergeschwaders 5 im Kieler Stadtteil Holtenau zu befragen.
Im Fall des mutmaßlichen Cricket-Schläger-Angriffs im April war zunächst in Hamburg ermittelt worden. Ende Juli übernahm die Kieler Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. Bei ihr läuft zudem seit Mai ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen den Mann. Er soll die 29-Jährige vergewaltigt haben.
"Wegen fehlender rechtlicher Voraussetzungen ist Haftbefehl gegen den Beschuldigten bisher nicht beantragt worden", teilten die Behörden nun mit. Auch wegen dieser Vorwürfe wurde der Haftbefehl erlassen. Zudem wurde bekannt, dass das Kieler Amtsgericht nach der mutmaßlichen Körperverletzung mit dem Cricket-Schläger ein Annäherungs- und Kontaktverbot für den Mann erlassen hatte. Es war bis November befristet.
Gruseliges Foto bei Instagram
Am Dienstag hatten Einsatzkräfte stundenlang in Kiel nach der Mutter aus Rendsburg gesucht. Dabei kamen auch Hunde zum Einsatz. Am Abend befreiten Polizisten sie schließlich aus einem Hangargebäude. "Sie hatte mit dem Handy den Notruf gewählt und dadurch war es uns dann möglich, sie nicht auf den Punkt genau, aber doch so in einem Bereich zu orten", sagte ein Polizeisprecher. Im Falle des Mannes erfolgte der Zugriff lautlos, er leistete keine Gegenwehr. Auf dem seit 2013 nicht mehr von der Marine genutzten Gelände gibt es mehr als 100 Gebäude.
Am Sonntag, dem Tag des Verschwindens der Frau, sei auf deren Instagram-Seite vorübergehend ein Foto hochgeladen worden. Es zeigte die 29-Jährige vor einer Heizung hockend, mit den Händen auf dem Rücken und mit zugeklebtem Mund, wie ein Polizeisprecher sagte. Inwieweit der in Kiel lebende Tatverdächtige die Frau in den zweieinhalb Tagen körperlich traktierte, ist noch unklar.
Das gilt auch für den Beginn der Freiheitsberaubung. "Wie ist es dazu gekommen? Wie ist er ihrer habhaft geworden und wo hat das Ganze stattgefunden", sagte der Polizeisprecher. Es werde auch ermittelt, ob es sich um Stalking handelte.
Wie geht es weiter? Die Ermittler analysieren die sozialen Netzwerke, um die Beziehung von Tatverdächtigem und Opfer zu klären und untersuchen Spuren aus dem Hangargebäude.
- Nachrichtenagentur dpa