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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kritik am Bezirksamt Warum der Hauptbahnhof für Obdachlose alternativlos ist
Die Obdachlosenszene am Hauptbahnhof Hamburg bleibt, glaubt eine Expertin der Uni Hamburg. Verbote lösten das Problem nicht.
Düstere Aussichten für den Hamburger Hauptbahnhof: "Die Probleme dort werden auch langfristig bleiben", glaubt Dr. Katharina Schmidt. Sie forscht an der Universität Hamburg zum Thema "Geografien der Obdach- und Wohnungslosigkeit". Ihrer Ansicht nach wird der Hauptbahnhof auch künftig ein Hotspot für Obdachlose und alkoholkranke Menschen bleiben.
Daran werde auch die jüngste Aktion des Bezirks Mitte wenig ändern, so Schmidt am Dienstag im Gespräch mit t-online. Der Bezirk hatte kürzlich Hilfsorganisationen untersagt, direkt im Bahnhof Obdachlose mit Sachspenden zu unterstützen. Die Helfer sollen ihre Spendentische stattdessen auf privaten Flächen aufbauen, die nicht unmittelbar am Bahnhof liegen.
Die Hilfsorganisationen reagierten scharf: "Viele unserer Gäste sind alt oder krank. Sie können sich nicht gut bewegen und brauchen diese zentrale Lage, um sich mit lebensnotwendigen Dingen zu versorgen", sagte Jule Wennmacher, Geschäftsführerin des Vereins "Schau nicht weg", der "Mopo".
Parks bieten Obdachlosen weder Schutz noch Infrastruktur
Das Verbot selber mag die Geografin Schmidt nicht bewerten, sie ist keine Sozialarbeiterin. Die Wissenschaftlerin weiß aber: "Ein Bahnhof ist für obdachlose Menschen einer der wenigen Orte in der Stadt, an denen sie überhaupt noch sein dürfen".
Aus Fußgängerzonen würden sie zum Beispiel vertrieben, weil Obdachlose beim Konsum störten. Parks seien für sie ebenfalls nicht geeignet, die böten ihnen keinerlei Schutz und Infrastruktur, erklärt die Expertin.
Obdachlosenunterkünfte haben nur begrenze Öffnungszeiten
Ein weiteres Problem: Unterkünfte für Obdachlose hätten nur begrenzt geöffnet, seien auch nicht für alle wohnungslosen Menschen geeignet. Das ist an Bahnhöfen anders: Die haben immer auf und bieten zudem Schutz vor Regen. Auch die vielen Reisenden dort machen Bahnhöfe interessant. Dort lasse sich laut der Expertin relativ gut betteln.
Für Schmidt greift die Aktion des Bezirks daher zu kurz. Dadurch werde Obdachlosigkeit nur verdrängt, glaubt sie. Diese Klientel brauche Orte, wo sie nicht weggejagt werde, so Schmidt. Nur dann würde sich die Szene dort eventuell auflösen. Das sieht die Expertin in Hamburg nicht als gegeben an.
- Gespräch mit Dr. Katharina Schmidt, Universität Hamburg
- mopo.de: "Zoff um Vertreibung von Helfern am Hauptbahnhof – Behörde mit deutlicher Ansage".