Kurz vor den Wahlen Tausende Menschen demonstrieren gegen Rechtsextremismus
Zwei Tage vor den Europa- und Bezirkswahlen haben Tausende gegen Rechtsextremismus demonstriert. Zu der Teilnehmerzahl gibt es unterschiedliche Angaben.
"Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen – Wählen gehen!": Unter diesem Motto sind zwei Tage vor den Europa- und Bezirkswahlen in Hamburg Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie versammelten sich am Freitagnachmittag in der Innenstadt zu einer Großkundgebung. Aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, Unternehmensverbänden, Kirchen und Umweltorganisationen.
Angemeldet waren 30.000 Teilnehmer
Zur Teilnehmeranzahl gibt es unterschiedliche Angaben. Kurz nach Beginn der Kundgebung zählte die Polizei laut Informationen der Deutschen Presseagentur gut 10.000 Menschen mit Zulauf. Die Organisatoren sprachen später von 30.000 Teilnehmern.
Nachdem sich die Polizei im Januar bei der Riesen-Demonstration gegen Rechtsextremismus am Jungfernstieg so verschätzt hatte, wollte sie eigentlich keine Angaben mehr zur Teilnehmerzahl von Demos machen, berichtet das "Hamburger Abendblatt". Damals waren rund 180.000 Menschen auf die Straße gegangen – obwohl die Polizei zuvor nur mit 10.000 Teilnehmern gerechnet hatte.
"Liegt in unserer Hand, welche Richtung Europa einschlägt"
Auf der Demonstration am Freitagabend sagte die amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Kirsten Fehrs: "Es liegt in unserer Hand, welche Richtung Europa einschlägt. Das bedeutet: Klarer Widerstand gegen Rechtsextremismus – aber ohne Gewalt!"
Wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihres Aussehens diskriminiert, verachtet und angegriffen werden, dürfe man nicht schweigen, mahnte Nordkirchen-Bischöfin Fehrs. Sie war gemeinsam mit Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und der stellvertretenden Vorsitzenden des Rats der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura), Özlem Nas, auf die Kundgebungsbühne in der Ludwig-Erhard-Straße getreten.
Vertreter unterschiedlicher Religionen demonstrieren gemeinsam
Der interreligiöse Dialog sei ein wichtiges Zeichen des Zusammenhalts. Diese Freundschaft lasse man sich nicht kaputt machen, sagte die Bischöfin. "Nicht von Antisemiten, nicht von Islamfeinden. Nicht von Fanatikern, die Menschen im Namen der Religion gegeneinander aufhetzen wollen. Und erst recht nicht von völkischen Ideologen, die Menschen nach ihrer Herkunft auseinandersortieren und gegeneinander ausspielen wollen."
Die Demonstration setze ein Zeichen, sagte Nas, "und spendet Hoffnung für diejenigen Menschen, zu denen auch ich gehöre, und die die völkische Ideologie von der deutschen Landkarte tilgen will".
HSV und FC St. Pauli setzen Zeichen des Zusammenhalts
Bei den Wahlen komme es auf jeden an, sagte Hamburgs DGB-Chefin Tanja Chawla. "Klar ist: Die AfD ist Feindin der Beschäftigten. Wir sagen: Wählt Zukunft, wählt demokratisch!" Der Hauptgeschäftsführer des Unternehmensverbands Nord (UV Nord), Thomas Fröhlich warnte vor einem Rechtsruck. Jeder vierte Beschäftigte der Unternehmen im Norden habe Migrationshintergrund. "Wir werden uns unsere hart erarbeitete und heute ganz selbstverständlich etablierte Willkommenskultur von nichts und niemandem nehmen lassen."
Ein Zeichen des Zusammenhalts setzten auch die ansonsten rivalisierenden großen Hamburger Fußball-Vereine: Demokratie sei Teamsport, betonten St. Pauli-Präsident Oke Göttlich und HSV-Prokuristin Marieke Patyna, die gemeinsam vor die Kundgebungsteilnehmer traten. "In diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, dass wir uns alle einbringen und zusammen die Stimme erheben: für Vielfalt und demokratische Werte. Gegen Hass und Ausgrenzung", sagte Patyna.
Musiker Joris trat auf der Demonstration auf
Musikalisch begleitet wurde die Auftaktkundgebung vom Sänger und Liedermacher Joris, der seinem Publikum mitgab: "Schön, dass ihr am Sonntag alle demokratisch wählen geht." In der Menge waren Plakate mit Slogans wie "Ja zum Rechtsstaat. Nein zu Rechts", "Hass + Hetze sind keine Alternative für Deutschland" oder "Huck Föcke" zu sehen.
Im Anschluss an die Kundgebung sollte ein Demonstrationszug von der Ludwig-Erhard-Straße unter anderem über die Mönckebergstraße, den Ballindamm und den Gorch-Fock-Wall zurück zum Auftaktort führen. Wegen der Demonstration hatte die Polizei Teile der Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt.
Bereits Mitte Januar waren in Hamburg rund 180.000 Menschen gegen rechts auf die Straße gegangen. Auslöser damals war das Bekanntwerden eines Treffens von Rechtsextremisten unter anderem mit AfD-Politikern in Potsdam.
- Nachrichtenagentur dpa
- abendblatt.de: Demo gegen Rechts zieht mit 29.000 Teilnehmern durch Hamburg