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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fußball-Legende wird 80 Wie Günter Netzer den HSV zum besten Team Europas formte
Günter Netzer wird am 14. September 80 Jahre alt. Als Spieler wurde er in Gladbach zum Weltstar – doch auch in Hamburg hat Netzer seine Spuren hinterlassen.
Die Legende geht so: Schon während seiner aktiven Karriere war es Günter Netzer nicht genug, "nur" Fußballstar zu sein. In Mönchengladbach betrieb der Spielmacher mit den langen Haaren Anfang der 70er-Jahre eine Diskothek. Auch Stadionzeitschriften hatten es ihm damals angetan. Als ein Wechsel zu Werder Bremen fast schon fixiert worden war, machte Netzer kurzfristig zur Bedingung, dass er das "Werder-Echo" vermarkten darf – wie er es bereits bei den Gladbachern gemacht hatte. Die Bremer lehnten ab, der Transfer platzte.
Ein paar Jahre später, kurz nach dem Ende seiner aktiven Karriere 1977, unternahm Netzer einen zweiten Anlauf. Jetzt wollte er sein Glück beim Hamburger SV versuchen. Dort lief es in der Bundesliga nicht rund, obwohl der Verein 1976 den DFB-Pokal und 1977 den Europapokal der Landesmeister gewinnen konnte.
Manager Netzer wird zum Glücksgriff für den HSV
Als Anfang 1978 gerade der Managerposten des HSV freigeworden war, nutzte Günter Netzer die Gelegenheit, um sich dem Verein vorzustellen. Eigentlich sollte es nur um die Stadionzeitung gehen – doch Präsident Paul Benthien vermachte Netzer sogleich das Amt des sportlichen Leiters. Ein riesiger Glücksgriff, wie sich bald herausstellen sollte.
Zur Saison 1978/79 landete Netzer zwei Volltreffer: Der Manager überzeugte Stürmer Horst Hrubesch und Trainer Branko Zebec von einem Transfer nach Hamburg. Mit Erfolg: 1979 wurde der HSV zum ersten Mal seit 1960 wieder Deutscher Meister.
In den folgenden Jahren entwickelten sich zahlreiche weitere Netzer-Verpflichtungen zu Leistungsträgern. Namen wie Jimmy Hartwig, Bernd Wehmeyer, Ditmar Jakobs, Jürgen Milewski, Uli Stein, Thomas von Heesen oder Lars Bastrup fallen in diese Zeit. Selbst "Kaiser" Franz Beckenbauer schloss sich 1980 für zwei Jahre den "Rothosen" an. Auf Trainer Zebec folgte 1981 Ernst Happel – ein weiterer Glücksgriff à la Netzer.
Bis 1983 gewann der HSV noch zweimal die Deutsche Meisterschaft, wurde Sieger im Europapokal der Landesmeister (heute: Champions League), stand ein weiteres Mal im Finale und zog auch ins Endspiel des Uefa-Pokals (heute: Europa League) ein. Der HSV unter Zebec, Happel und Netzer war in der Weltspitze angekommen. Bis heute ist es die erfolgreichste Ära des Vereins gewesen.
Auf dem Höhepunkt des Erfolgs kippte die Stimmung allmählich. Nach dem Triumph im Landesmeisterfinale von Athen 1983 verließen Hrubesch und Bastrup den HSV, die Nachfolger Wolfram Wuttke und Dieter Schatzschneider konnten die große Lücke nicht füllen. Auch mit späteren Verpflichtungen wie Gerard Plessers oder Mark McGhee gelang es nicht, die in die Jahre gekommene Truppe auf dem gewohnt hohen Niveau zu halten.
Günter Netzer gibt Amt 1986 an Felix Magath ab
Der HSV wurde 1984 zwar noch einmal Vizemeister, punktgleich mit dem Titelträger VfB Stuttgart. Im Herbst 1985 waren die "Rothosen" aber bereits ins Mittelfeld der Bundesliga abgerutscht. Ins Volksparkstadion verirrten sich teilweise nur noch weniger als 10.000 Fans.
Im Sommer 1986 hatte Günter Netzer genug vom Profifußball. Er räumte seinen Platz beim HSV für Felix Magath und wechselte in die Werbebranche. 1991 tauchte Netzer noch einmal kurz als Manager von Schalke 04 in der Bundesliga auf.
Um die Jahrtausendwende startete Günter Netzer dann eine Laufbahn als Kommentator in der ARD – und wurde dort an der Seite von Gerhard Delling zum Fernsehstar. Das Duo, das immer respektvoll, aber nicht gerade zimperlich miteinander umging, moderierte 13 Jahre lang gemeinsam Fußballspiele. Ihr spezieller Mix aus Netzers ernsthaftem Blick auf den Sport und Dellings locker-humorvoller Art wurde im Jahr 2000 mit einem Grimme-Preis gewürdigt.
- Eigene Recherche
- transfermarkt.de: Transferhistorie des HSV
- transfermarkt.de: Trainerhistorie des HSV
- transfermarkt.de: Erfolge des HSV
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa