"Sie waren ihr Anker" "Lieblingserzieher" missbraucht Mädchen in der Kita – Urteil

Ein Kita-Erzieher aus Hamburg wurde wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Die Taten kamen ans Licht, nachdem das Mädchen seiner Mutter davon berichtete.
Ein Erzieher einer Hamburger Kita ist wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt worden. Der 31-Jährige hatte das Vertrauen der Eltern und Kinder, bis er sich in einem unbeobachteten Moment an einem damals fünf Jahre alten Mädchen verging – er sei ihr Lieblingserzieher gewesen. Die Taten fanden in einem Kita-Raum statt. Das Landgericht Hamburg sah es als erwiesen an, dass der Mann das Kind mehrfach missbrauchte, auch als dieses sechs Jahre alt war.
"Sie waren der Anker in ihrem Leben in der Kita, und das haben sie missbraucht. Das haben sie ausgenutzt", sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsverkündung. Der Mann wurde für vier Übergriffe wegen sexuellen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Missbrauchs Schutzbefohlener verurteilt.
Er habe durch seine Taten dem lebenslustigen und fröhlichen Kind die guten Erinnerungen an die wohl schönste Zeit im Leben zunichte gemacht. "Wenn sie sich an ihre Kita-Zeit erinnert, wird das immer, immer im Vordergrund stehen."
Kind erzählt Mutter auf Weg in die Kita von den Übergriffen
Der nicht vorbestrafte Kita-Erzieher hatte das Kind 2024 bei mindestens vier Gelegenheiten missbraucht. Dabei ging es nicht nur um Berührungen im Intimbereich, sondern auch um Beischlaf ähnliche sexuelle Handlungen. Aufgefallen waren die Übergriffe, weil das Kind auf dem Weg zur Kita seiner Mutter davon erzählt hatte. Die informierte sofort die Kita-Leitung und die Polizei.
Der Mann hatte vor Gericht alles gestanden und damit dem Mädchen eine Aussage im Prozess erspart. Das sei ihm angerechnet worden, sagte der Vorsitzende Richter. Zudem habe er tiefe Reue gezeigt und sich bei den Eltern entschuldigt. Das sei alles sehr glaubwürdig gewesen. "Sie haben reinen Tisch gemacht, das kann man nicht anders sagen."
Dabei habe er sogar mehr gestanden, als ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen hatte. "Sie haben sechs Taten eingeräumt und viel über ihre Lebensgeschichte erzählt. Über das Auf und Ab und über das Intime - was ja auch nicht leicht ist."
"Sie werden nie mehr, nie mehr als Erzieher arbeiten"
Eine Frage aber habe nicht geklärt werden können: Warum hat der Erzieher das getan? Darüber will der Angeklagte selbst auch Klarheit bekommen, wie der Richter sagte. "Sie wollen einen Schlussstrich ziehen und wollen schnell in die Therapie. Sie wollen wissen, was mit Ihnen eigentlich los ist. Und das nehme ich Ihnen auch ab."
Zurück in den Job aber werde er nicht mehr können. "Sie haben sich Ihre Zukunft verbaut als Erzieher. Sie werden nie mehr, nie mehr als Erzieher arbeiten können. Das ist Ihnen klar."
Richter spricht "größten Respekt" für Mutter des Kindes aus
Der Fall sei für ihn als dreifachen Familienvater schwer zu ertragen gewesen, sagte der Vorsitzende Richter während der Urteilsverkündung. "Unser größter Respekt gilt Ihnen", sagte er zur Mutter des Kindes, die als Nebenklägerin während des gesamten Prozesses dabei war.
Mit Blick auf teils fragwürdige, interne Abläufe in der Kita nach dem Hinweis auf die Übergriffe mahnte der Richter zu klaren Schutzkonzepten, die in solchen Fällen auch direkt angewendet werden müssen. "In so einer Situation muss man einen klaren, kühlen Kopf bewahren. Was wir an dem Tag erlebt haben, war ein Stück weit Hilflosigkeit." So sei der Angeklagte erst Stunden nach dem Vorwurf nach Hause geschickt worden.
"Das Motto muss heißen: Hinschauen und nicht wegschauen"
Außerdem hatte es zudem bereits im Vorfeld einen Hinweis von einem zeitweise beschäftigten Mitarbeiter auf möglicherweise zu viel Nähe zwischen dem Angeklagten und den Kindern gegeben. Doch der lief ins Leere, der Mitarbeiter wurde nicht weiter beschäftigt, wie der Richter weiter sagte.
Dabei habe doch dieser Mann Courage gezeigt. Er sollte ein Vorbild sein: "Das Motto muss immer heißen: Hinschauen und nicht wegschauen. Das sollte überall gelten. Die Prävention ist sehr, sehr wichtig." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
- Nachrichtenagentur dpa