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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hohe Strafen für unentschuldigtes Fehlen So viel nimmt Hamburg durch Schulschwänzer ein

In Hamburg müssen Eltern mit hohen Geldstrafen rechnen, wenn ihre Kinder unentschuldigt dem Unterricht fernbleiben. In letzter Konsequenz kann sogar die Polizei eingreifen.
In Hamburg wurden im vergangenen Jahr 1.736 Bußgeldbescheide wegen Schulpflichtverletzungen erlassen. Das geht aus aktuellen Zahlen der Behörde für Schule und Berufsbildung hervor, die t-online vorliegen.
Die Einnahmen aus diesen Bußgeldern lagen 2024 bislang bei über 120.000 Euro. Allerdings, sagte ein Sprecher der Schulbehörde, stehe nie die Strafe im Vordergrund: "Es geht nicht um Einnahmen, sondern darum, dass Schülerinnen und Schüler wieder dauerhaft am Unterricht teilnehmen."
Weniger als ein Prozent schwänzen regelmäßig
Laut Schulbehörde wurden im Jahr 2024 insgesamt 2.004 Fälle von unentschuldigtem Fernbleiben vom Unterricht gemeldet – bei über einer Viertelmillion Schülerinnen und Schülern entspricht das weniger als einem Prozent.
In 1.736 Fällen wurde tatsächlich ein Bußgeldbescheid verschickt. Die Zahl der erlassenen Bußgelder hat sich in den letzten drei Jahren leicht erhöht (Stand: 07. Mai):
- 2022: 1.474 Bescheide, rund 158.000 Euro Einnahmen
- 2023: 1.641 Bescheide, rund 150.000 Euro Einnahmen
- 2024: 1.736 Bescheide, rund 123.000 Euro Einnahmen
Die Schulbehörde warnt jedoch vor Fehlinterpretationen. Der scheinbare Anstieg sei eher eine Rückkehr zum Normalniveau nach pandemiebedingten Ausnahmen.
"Die Zahlen von 2022 zeigen eine Delle, die auf Schulschließungen in den Corona-Jahren zurückgeht", erklärt ein Sprecher. Insgesamt liege die Zahl der Verstöße stabil unter einem Prozent. Zuerst hatte "Bild" über die aktuellen Zahlen berichtet.
Geldstrafen zwischen 150 und 500 Euro möglich
Die Höhe der Bußgelder variiert je nach Verstoß: Eltern müssen ab dem ersten Tag einer unentschuldigten Fehlstunde mit 250 Euro rechnen, volljährige Schüler mit 150 Euro. Bei Wiederholungen steigt die Summe auf bis zu 300 Euro für Eltern und 200 Euro für Jugendliche.
Besonders teuer kann das unentschuldigte Fernbleiben von einer Klassenfahrt werden: Hier drohen bis zu 300 Euro Bußgeld, zusätzlich zu den Reisekosten – oder sogar ein Zwangsgeld als Androhung im Vorfeld in Höhe von 500 Euro.
Die Gründe dafür, warum Kinder und Jugendliche regelmäßig die Schule schwänzen, sind laut dem Caritas-Magazin sehr unterschiedlich und individuell: Probleme in der Familie, sozialer Druck durch Freunde, Desinteresse am Schulbesuch, ein negatives Schulklima oder andere psychische Belastungen können Faktoren sein.
Wenn Kinder dauerhaft fehlen, greift das Ampelsystem
Um Schulverweigerung strukturiert zu begegnen, arbeitet Hamburg mit einem dreistufigen Ampelsystem, wie in den Richtlinien der Hamburger Schulbehörde für den Umgang mit Schulpflichtverletzungen zu lesen ist. In der grünen Phase dokumentieren Schulen Fehlzeiten regelmäßig und versuchen bei ersten Auffälligkeiten direkt den Kontakt mit den Sorgeberechtigten herzustellen.
Tritt keine Besserung ein oder häufen sich die Versäumnisse, folgt die gelbe Phase: Dann greifen gezielte Maßnahmen wie pädagogische Gespräche in der Schule oder bei Hausbesuchen. Wenn nötig, werden auch externe Beratungsdienste hinzugezogen – mit dem Ziel, die Rückkehr in den geregelten Unterricht zu ermöglichen. Die Phase dauert maximal sechs Wochen
Stufe Rot: Wenn nichts mehr hilft
Bleiben alle Maßnahmen ohne Erfolg oder fehlen Kinder plötzlich mehrere Tage komplett unentschuldigt, beginnt die rote Stufe. Nun ist der Handlungsspielraum der Schulen ausgeschöpft: Regionale Bildungs- und Beratungszentren und oft auch Rechtsabteilungen werden einbezogen und Hausbesuche angeordnet.
In letzter Konsequenz kann sogar Schulzwang angeordnet werden – das bedeutet: Ein Kind wird von Polizeibeamten zur Schule gebracht.
- Eigene Recherche
- hamburg.de: "Richtlinien für den Umgang mit Schulverletzungen"
- caritas.de: "Schulverweigerung hat viele Ursachen"