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Hamburg

CSD in Hamburg: Neue Route über den Steindamm – das war eine gute Idee


Hamburg-Kolumne
Raus aus der Komfortzone zum CSD

  • Katharina Grimm
MeinungEine Kolumne von Katharina Grimm

Aktualisiert am 04.08.2025 - 13:17 UhrLesedauer: 3 Min.
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Die Parade zieht ab der Lübecker Straße los: Rund 260.000 Menschen waren beim Christopher Street Day (CSD) in der Hamburger Innenstadt dabei. (Quelle: IMAGO/imago)
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Die bunte Parade des Hamburger CSD startete nicht wie gewohnt auf der Langen Reihe, sondern ging über den Steindamm. Es zeigt sich: Das war eine richtig gute Entscheidung.

Zu Hause ist es ja bekanntlich am schönsten. Hier kennt man sich aus, hier ist alles an seinem angestammten Platz. Hier darf man sein, wie man ist. Keine bösen Überraschungen.

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Das gilt auch für den Hamburger CSD. Der startete in den vergangenen Jahren traditionell auf der Langen Reihe, dem Epizentrum queeren Lebens in der Stadt. Hein & Fiete und die Aidshilfe haben hier ihre Räume, die Straße ist gesäumt mit schwulen Shops. Nicht umsonst wird die Lange Reihe als die "gayeste Straße" der Stadt bezeichnet.

Von dieser Atmosphäre mussten sich die Teilnehmer des CSD in diesem Jahr verabschieden. Denn die Parade wurde aus der engen Häuserschlucht der Langen Reihe auf die Lübecker Straße und dann über den Steindamm verlegt. Das hatte im Vorfeld Diskussionen hervorgerufen. Raus aus der queeren Umgebung, rein in eine Straße, die nicht unbedingt die Lebensanschauung der Community teilt. Konnte das gut gehen?

Steindamm? Eine gute Idee

"Es war die richtige Entscheidung, die Hamburger CSD-Demonstration über den Steindamm zu führen", schreibt Stefan Mielchen, ehemaliger Vorsitzender von Hamburg Pride, dem Verein, der den CSD organisiert, auf Facebook. "In der Rückschau erscheint manche Diskussion der letzten Wochen umso absurder."

Hintergrund der neuen Route waren enorme Sicherheitsbedenken. Denn die Lange Reihe ist schmal, die zigtausend Menschen schoben und quetschten sich in den vergangenen Jahren an den Trucks vorbei. Sicherheitsabstände? Konnten selten eingehalten werden. Platz für Rettungswagen und Sanitäter? War kaum da. Schon in den vergangenen Jahren gab es mehrfach Notfälle und Einsätze, die zum Glück nicht in einer Katastrophe endeten. Dieses Risiko wollten die Verantwortlichen nicht noch einmal eingehen. Der Steindamm bietet Platz für Zuschauer, Security und Rettungsfahrzeuge.

Zwei Welten in einem Stadtteil

Kaum 400 Meter trennen die Lange Reihe und den Steindamm. Und doch könnte die Entfernung zwischen diesen Straßen nicht größer sein. Einerseits das bunte Leben der queeren Community in noblen Altbauten. Andererseits große Hoteltürme und "Klein-Istanbul" mit vielen Geschäften in türkischer oder syrischer Hand. Ausgerechnet dort kam es im vergangenen Jahr zu Demonstrationen von "Muslim interaktiv", einer vom Landesverfassungsschutz als "gesichert extremistisch" eingestuften islamistischen Organisation, die sich für ein Kalifat einsetzt.

Bislang lebte man in einer friedlichen Koexistenz, indem man einander brav ignorierte und sich nicht in die Quere kam. Nun zog ein Tross aus 120 Trucks und Fußgruppen über den Steindamm. "Es ist wie immer eine Frage der Perspektive. Für viele Menschen ist die Lange Reihe die Lebensader von St. Georg, für viele andere Menschen ist es der Steindamm – was gerne vergessen wird", schreibt Mielchen.

Es ist kein Zufall, dass am Wochenende mit 260.000 Menschen so viele Teilnehmer beim CSD dabei waren wie noch nie. Die Zahl der Übergriffe gegen queere Personen hat sich in Hamburg zuletzt um 88 Prozent auf weit über 1.000 Delikte erhöht. Auch politisch hat sich der Wind gedreht, große Konzerne beenden ihre Diversity-Programme, politische Parteien machen Stimmung gegen die Community. Selbst Bundeskanzler Friedrich Merz wählt das Wort "Zirkus", wenn er von der politischen Demonstration spricht, die der CSD nun mal ist.

In dieser Atmosphäre ging es also über den Steindamm. Und es war gut. Denn die Community hat ihr gemütliches Zuhause auf der Langen Reihe verlassen und sich dorthin gewagt, wo sie nicht selbstverständlich ist. Wo noch wirklich für Werte und Respekt geworben werden muss. Statt sich bei dem eisigen Gegenwind der aktuellen Lage einzuigeln, ging es dorthin, wo noch viel zu tun ist. Und das hat ausgezeichnet funktioniert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen
  • Facebook-Kommentar von Stefan Mielchen
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