Alternative gefunden Schlickverklappung vor Scharhörn gestoppt
Mit dem Abschluss der Elbvertiefung können größere Schiffe den Hamburger Hafen anlaufen. Die Maßnahme bringt auch Fragen mit sich: Wohin mit dem Elbschlick? Scharhörn scheint unerreichbar.
Zu der umstrittenen geplanten Verklappung großer Mengen Elbschlick vor der Insel Scharhörn kommt es zumindest in diesem Frühjahr nicht. Von diesem Freitag an soll stattdessen bis Mitte April Schlick zur bislang vom Bund genutzten Verbringstelle Neuer Luechtergrund gebracht werden.
Das teilte die Hamburger Wirtschaftsbehörde am Donnerstag mit. Damit sei gemeinsam mit der Wasser- und Schifffahrtsstraßenverwaltung des Bundes eine Alternative gefunden worden, "die es Hamburg erlaubt, von einer kurzfristigen Nutzung der Hamburger Außenelbe für rund 350.000 Tonnen Trockensubstanz im Rahmen der Frühjahrskampagne abzusehen".
Hamburg im engen Austausch mit Nachbarländern
Zugleich wird mit dieser Lösung aus Sicht Hamburgs Zeit gewonnen, die zum Teil kritischen Stellungnahmen zu den Schlickplänen vor Scharhörn zu bewerten. "Darüber hinaus befindet sich Hamburg weiterhin im konstruktiven Austausch mit den Nachbarländern", heißt es in der Mitteilung der Wirtschaftsbehörde.
Hamburg hatte angekündigt, den bei der ständig nötigen Ausbaggerung der Elbe anfallenden Schlick künftig auch vor der zur Hansestadt gehörenden Vogelschutzinsel Scharhörn abzuladen. Das stößt vor allem bei Umweltverbänden, dem Land Niedersachsen und auch der Stadt Cuxhaven auf Widerstand. Ein Gutachten der Hamburger Hafenbörde HPA hatte ergeben, dass die Verklappung vor Scharhörn ökologisch unbedenklich sei. Umweltverbände sehen das anders.
Neßsand wird zurück in die Elbe gespült
Scharhörn gehört zum Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und mit den Nationalparks der Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen zum Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer. Die Stelle, wo der Schlick versenkt werden soll, liegt laut Wirtschaftsbehörde nördlich von Scharhörn außerhalb des Nationalparks.
Hamburg steht auf dem Standpunkt, dass für die Verbringung des Schlicks dorthin keine Genehmigung und auch kein Einverständnis der anderen Unterelbanrainer Niedersachsen und Schleswig-Holstein nötig sei. Der größte Teil des Elbschlicks wird bisher nach Neßsand in der Unterelbe gebracht und von dort schnell wieder zurückgespült. Einen anderen Teil des Schlicks bringt Hamburg seit 2005 an die Tonne E3südlich der zu Schleswig-Holstein gehörenden Insel Helgoland.
"Man darf Hamburg da auch nicht allein lassen"
Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer nannte die Ankündigung Hamburgs einen "Teilerfolg". "Es ist wichtig, dass der aktuelle Plan Hamburgs nicht weiter verfolgt wird", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Bereits am Donnerstagvormittag hatte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies in einer gemeinsamen Sitzung mit den Umweltausschüssen des Landkreises und der Stadt Cuxhaven sowie der Samtgemeinde Land Hadeln nach Angaben von Teilnehmern erklärt, dass die Verklappung vor Scharhörn vorerst gestoppt sei.
Die Nachricht sei in den Gremien mit Erleichterung aufgenommen worden, sagte Santjer. Nun gehe es darum, weitere Gespräche zu führen und nach Lösungen für geeignete Verklappungsstellen zu suchen. "Man darf Hamburg da auch nicht allein lassen", sagte Santjer.
Entscheidung nur vertagt – nicht erledigt
Cuxhavens Landrat Kai-Uwe Bielefeld (parteilos) teilte mit, die Entscheidung nehme Druck aus der Situation. "Das Problem ist aber damit nicht gelöst. Wir werden alles daran setzen, dass sich die Stadt Hamburg der Sorgen, die sie mit der Verschlickung ihres Hafens hat, nicht auf Kosten der Menschen hier vor Ort und insbesondere auf Kosten des Unesco-Weltnaturerbes Wattenmeer entledigt", sagte er.
Zustimmung kam aus Schleswig-Holstein: "Es ist gut, dass Hamburg nach deutlicher Kritik aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein von der Verklappung seines Hafenschlicks bei Scharhörn absieht", teilte der Kieler Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) mit.
Sein Bundesland habe mehrfach angeboten, an der Tonne E3 vorhandene Restmengen früher auszuschöpfen. "Sollte Hamburg darauf nicht eingehen und stattdessen eine Lösung zulasten der Schutzinteressen Schleswig-Holsteins anstreben, würde dies die Akzeptanz für künftige Vereinbarungen auch an der Tonne E3 gefährden", sagte Albrecht.
Erreichbarkeit des Hafens für Schiffe muss sichergestellt werden
Die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, Nabu und WWF begrüßten den Aufschub. Auch sie forderten nun weitere Gespräche. "Die Bundesländer müssen endlich ein gemeinsames und mit dem Bund abgestimmtes Sedimentmanagementkonzept auf den Weg bringen, das vor allem ein Ziel verfolgen muss: weniger Sedimente zu baggern und zu verklappen", teilten die Verbände mit.
Die Verklappung des belasteten Hafenschlicks am Standort Neuer Luechtergrund sehen die Verbände allerdings auch mit Bedenken. Zwar sei das neue Gebiet weiter von der Insel Scharhörn entfernt, unklar bleibe aber noch, unter welchen rechtlichen und ökologischen Voraussetzungen der Hafenschlick dort verklappt werden soll.
Hamburg ist beim Thema Schlick unter Zeitdruck. "Derzeit besteht ein dringender Unterhaltungsbedarf zur Sicherstellung der Erreichbarkeit des Hamburger Hafens", hieß es in der Mitteilung. Insbesondere die mit der jüngsten Elbvertiefung angelegte "Begegnungsbox" bei Wedel müsse vor dem 14. April auf Tiefe gebracht werden.
- Nachrichtenagentur dpa