Zu laut auf St. Pauli? Bezirk will Lärmbeschränkung durchsetzen – Betreiber genervt

Die Hamburger Behörden gehen gegen Lärmbelästigung vor. Geschäfte und Lokale auf St. Pauli dürfen keine Außenlautsprecher betreiben, auch nicht beim Schlagermove. Betreiber und Behörde beziehen Stellung.
Der Bezirk Hamburg-Mitte hat ein Verbot für den Betrieb von Außenlautsprechern und die Beschallung von Außenbereichen bekräftigt. Darin heißt es auch von "22 bis 6 Uhr sind Türen und Fenster grundsätzlich zu schließen, wenn im Inneren Musik abgespielt wird." Das geht aus einer behördlichen Mitteilung hervor, die t-online vorliegt und nach Angaben von Betreibern in dieser Woche von Mitarbeitern der Stadt auf der Reeperbahn und Umgebung verteilt worden sei.
Laut Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt erfolge die Aufforderung an die Betreiber gemäß dem das Hamburgische Lärmschutzgesetz, das die Nutzung von "Tonwiedergabe- und Tonerzeugungsgeräten auf öffentlichen Verkehrsflächen" nur mit behördlicher Zustimmung erlaubt. Solche Erlaubnisse würde jedoch nicht "regelhaft" erteilt, sprich: nur in Einzelfällen.
Begründet wird das Ganze damit, dass sich in den vergangenen Jahren Beschwerden von Anwohnern "über Lärmbelästigungen durch Außenlautsprecher und übermäßige Musiklautstärke" gehäuft hätten. Das Verbot gilt ausdrücklich auch während des Schlagermoves an diesem Wochenende.
Betreiber für Außenlautsprecher-Verbot, aber gegen Verrammeln der Läden
Tim Becker, der das Thomas Read auf der Reeperbahn betreibt, sagt im Gespräch mit t-online, die "Außenboxen können sie gerne verbieten, Betreiber finden sie eh uncool". Das Problem sei die Aufforderung, die Fenster und Türen geschlossen zu halten, das sei schlichtweg "Irrsinn".
Viele kleinere Klubs und Eckkneipen seien darauf angewiesen, Gäste von der Straße anzuziehen, gerade bei gutem Wetter und guter Stimmung im Sommer. "Viele der größeren Klubs haben gar nicht das Problem, aber kleinere Läden haben oft gar keine Belüftungsanlagen", so Becker.
Bezirksamt erläutert: Rechtslage nicht neu
Eine Sprecherin des Bezirksamts Mitte erklärte auf Nachfrage von t-online, das Schreiben weise "vor dem Schlagermove lediglich noch einmal auf die seit Langem bestehende Rechtslage hin." Die Regeln seien nicht neu, und "gerade bekannte Szene-Gastronomen sollten das auch wissen." Man bemühe sich auf dem Kiez seit Jahren darum, die Interessen zwischen Gastronomie und Anwohnerschaft unter einen Hut zu bekommen.
Im konkreten Fall stelle sich "aber schon die Frage, warum bei hohen Temperaturen die Anwohnenden die Fenster geschlossen halten sollen, damit die Clubs nach 22 Uhr trotz lauter Musik noch die Fenster offen halten können. Der Bezirk wolle Klubs und Kneipen "unbedingt unterstützen, aber es geht nicht ohne gegenseitige Rücksichtnahme".
"Sippenhaft" für Clubbetreiber?
Becker weist auch darauf hin, dass es eine Ungleichbehandlung von Kneipen und Klubs einerseits und Kiosken andererseits gibt. Sie müssten viel weniger Auflagen umsetzen, keinen gesonderten Brandschutz vorweisen oder etwa Toiletten bereithalten. Gerade vor Kiosken hielten sich aber Gäste im Freien auf. "Die Bars und Klubs werden da in Sippenhaft genommen", so der Kiez-Wirt.
Es gebe schon einen Kulturwandel hin zu mehr Beschwerden und leider auch einer "Verbotskultur" seitens der Behörden. Im Thomas Read verzichtet Becker deshalb seit einiger Zeit im Hof auf Bands. Ihm sei ein direkter Austausch mit den Nachbarn lieber, "um gemeinsam zu gucken, was gemacht werden kann".
Becker betreibt auch das Frieda B, die Beerpongbar auf der Reeperbahn sowie den Pony-Club in Kampen und die Strandhalle in List auf Sylt.
- Schreiben des Bezirksamts Hamburg-Mitte, Dezernat Wirtschaft, Bauen, Umwelt und Verbraucherschutz vom 3. Juli 2025
- Anruf beim Betreiber des Thomas Read Tim Becken am 4. Juli 2025
- Stellungnahme des Bezirksamts Mitte per Email am 4. Juli 2025