Hamburg Schau über Kanzler Schmidt eröffnet
Im dritten Anlauf und mit coronabedingt siebenmonatiger Verspätung ist die neue Ausstellung "Schmidt! Demokratie leben" nun offiziell eröffnet worden. "Helmut Schmidt hätte wahrscheinlich diesen Tag sehr zurückhaltend zur Kenntnis genommen, nach dem Motto, macht nicht so ein Gedöns", sagte der Kuratoriumsvorsitzende der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und frühere Bundesminister Peer Steinbrück (SPD) am Donnerstag bei der Eröffnung in Hamburg. "Aber (...) sein Sinn für seine eigene Bedeutung war ihm auch nicht fremd, er hätte jedenfalls für sich selber gedacht: Das verdiene ich schon."
Die Ausstellung auf 270 Quadratmetern Fläche, die eigentlich schon zum fünften Todestag Schmidts am 10. November 2020 hätte eröffnet werden sollen, gliedert sich in vier Abschnitte mit elf Thementischen: Im Zentrum stehen die Kanzlerjahre (1974-1982) eingeleitet von zwei Abschnitten über den Menschen Helmut Schmidt und seinen politischen Werdegang in den 1950er und 1960er Jahren. Zum Abschluss wirft die Ausstellung, die von Samstag an für die Allgemeinheit zu sehen ist, einen Blick auf Schmidts Jahre "außer Dienst", die er die meiste Zeit im neben der Ausstellung gelegenen "Zeit"-Gebäude als Herausgeber der Wochenzeitung verbracht hat.
Zu sehen sind unter anderem ein von Schmidt 1945 in belgischer Kriegsgefangenschaft angefertigtes Schachspiel, sein SPD-Parteibuch von 1946 oder eine Flasche "Armagnac Domaine de Gaube" aus Schmidts Geburtsjahr 1918, die er von Frankreichs Staatspräsidenten Giscard d'Estaing geschenkt bekommen hatte. Unter anderem kommt aber auch Schmidts Verwicklung in die "Spiegel"-Affäre 1962 zur Sprache.
"Er hat nämlich den Artikel, für den leitende Redakteure inklusive Rudolf Augstein verhaftet worden sind und wegen Landesverrats gegen sie ermittelt worden ist, diesen im "Spiegel" erschienen Artikel hat er Korrektur gelesen", sagte Kurator Magnus Koch. Die Folge: Die Bundesanwaltschaft ermittelte gegen ihn als damaligem Innensenator von Hamburg bis 1965 wegen Beihilfe zum Landesverrat, wie die Originalakte in der Ausstellung belegt.
Die transatlantischen Beziehungen, Europa, der Zusammenhalt der Gesellschaft und die Demokratie an sich - Schmidts Themen seien heute aktueller denn je, sagte Steinbrück auch unter Hinweis auf den jüngsten Nato-Gipfel und das G7-Treffen. Die Ausstellung solle keine Denkmalsbeweihräucherung und keine Heldenverehrung sein. Sie solle aber sehr wohl Schmidts Vorbildfunktion darstellen, "wo ich mir gelegentlich wünschen würde, dass die heutige politische Klasse von diesem Kaliber ähnliche Persönlichkeiten hätte".
Konkreter wurde Steinbrück dabei nicht. Auf die Frage, wie er als SPD-Kanzlerkandidat von 2013 die Chancen von Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat von 2021 bewerte, wollte er nicht antworten. Er sagte nur: "Die sollen einen vernünftigen Wahlkampf machen. Aber ich gebe zu, es wird sehr schwer für die SPD."