Hamburg Frank Castorf inszeniert "Der Geheimagent" als Sozial-Krimi
Regisseur Frank Castorf hat am Freitag Joseph Conrads Roman "Der Geheimagent" (1907) im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg als gut fünfstündigen Mammutabend inszeniert. Der langjährige Volksbühnen-Chef adaptiert den Roman dabei konsequent als postkoloniale Anklage und Würdigung des einfachen Mannes. Dabei kann er auf ein überzeugendes, sich jeweils in mehreren Rollen verausgabendes Ensemble bauen.
Schon das Bühnenbild ist ein echter Hingucker. Aleksandar Denic errichtete ein Abbild des britischen Ministerpräsidentensitzes, der Londoner Downing Street Nummer 10, das sich per Drehbühne in Sekundenschnelle verwandelt und das Publikum nach Soho entführt - in den mit viel Liebe zum Detail gestalteten schäbigen Laden der Hauptfigur Adolf Verloc, gespielt von Charly Hübner.
Hier lebt er mit seiner Frau Winnie (Anne Müller) und deren Bruder Stevie (Paul Behren). Als gutgläubiger Mensch gerät Verloc in die Dienste einer Gesandtschaft, aber auch der Anarchisten. Bei einer missglückten Aktion wird Stevie getötet. Ein Familiendrama nimmt seinen Lauf.
Castorf spickt die Geschichte mit Kolonial-Erzählungen, mischt Französisches und Britisches, den Brexit, die Liebe und landet am Ende bei einem blutigen Mysterienspiel und einem ausgedehnten Totentanz. Das durchweg fantastisch aufspielende Ensemble begeistert in zahlreichen intensiven Begegnungen, die immer wieder per Video auf eine große Leinwand projiziert werden. Atempausen verschaffen dem Publikum die häufig ausgespielten Blues-Songs. Aber auch Paul Behren verzaubert am Keyboard als Chansonnier