Arbeitskampf Hafenarbeiter legen Seehäfen weitgehend lahm
Hafenarbeiter haben die Abfertigung von Container- und Frachtschiffen in Deutschlands großen Seehäfen mit einem Warnstreik weitgehend lahmgelegt. "Emden, Bremen, Bremerhaven, Brake, Wilhelmshaven und Hamburg, überall stehen die Kräne und die Anlagen heute still", sagte Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth am Donnerstag auf einer Kundgebung von mehreren Tausend Hafenarbeitern in Hamburg. Die Beschäftigten hatten die Arbeit mit der Frühschicht für 24 Stunden niedergelegt und wollten so im Tarifstreit um die Entlohnung der Hafenarbeiter Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. "Wir brauchen einen kräftigen Schluck aus der Pulle, wir brauchen eine kräftige Lohnerhöhung", sagte Schwiegershausen-Güth vor nach Gewerkschaftsangaben mehr als 4000 Demonstranten.
Die Auswirkungen des Warnstreiks auf die Abfertigung der Container- und Frachtschiffe dürften erheblich sein. Beim ersten nur viereinhalb Stunden dauernden Warnstreik vor drei Wochen war das Be- und Entladen der Schiffe weitgehend zum Erliegen gekommen und hatte die ohnehin schon angespannte Lage mit zahlreichen Verspätungen weiter verschärft.
Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft stecken coronabedingt in der Nordsee inzwischen mehr als zwei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau. Allein in der Deutschen Bucht warteten nach jüngsten Daten vom Dienstag 15 Containerschiffe auf ihre Abfertigung in Hamburg oder Bremerhaven. Für Deutschland und die EU bedeute dies vor allem Beeinträchtigungen im Überseehandel, speziell mit Asien, von wo etwa Unterhaltungselektronik, Möbel oder Textilien geliefert würden.
Entsprechend zeigte sich auch die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd wenig erfreut über den Warnstreik der Hafenarbeiter, sprach von erheblichen Schäden. "Jeder Tag, den ein Schiff steht, kostet uns natürlich Geld, verärgert Kunden, Konsumenten, Seeleute und auch unser Landpersonal", sagte ein Sprecher. Die Streiks trügen zur ohnehin extrem angespannten Situation der Branche massiv bei und schadeten insgesamt der Reputation des Hamburger Hafens.
Trotz vier Verhandlungsrunden haben Verdi und der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) bislang keine Einigung erzielen können. Wie verhärtet die Fronten inzwischen sind, zeigte sich unter anderem dadurch, dass auf der Hamburger Demonstration für solche Veranstaltungen völlig unüblich vereinzelt Rauchtöpfe und Böller zum Einsatz kamen. Zuvor war bereits nach der erfolglosen vierten Verhandlungsrunde am Dienstag das Bürogebäude der BLG Logistics Group AG & Co KG in Bremen beschädigt worden.
Die Gewerkschaft fordert für die rund 12.000 Beschäftigten in den 58 tarifgebundenen Betrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen bei einer Tariflaufzeit von 12 Monaten eine Erhöhung der Stundenlöhne um 1,20 Euro sowie in Vollcontainerbetrieben eine Erhöhung der jährlichen Zulage um 1200 Euro. Darüber hinaus verlangt Verdi einen nicht näher bezifferten "tatsächlichen Inflationsausgleich". Bei Löhnen von aktuell knapp unter 15 Euro bis gut 28 Euro pro Stunde bedeuten die Verdi-Forderungen eine Gehaltssteigerung um bis zu 14 Prozent.
Der ZDS bietet in seinem nach eigenen Angaben "finalen" Angebot bei einer Tariflaufzeit von 18 Monaten eine Anhebung der Stundenlöhne um 1,20 Euro - im Autoumschlag um 90 Cent - an und ist mit der Anhebung der Zulage um 1200 Euro einverstanden. Als Inflationsausgleich soll es in Vollcontainer-Betrieben eine Einmalzahlung in Höhe von 1000 Euro und in konventionellen in Höhe von 500 Euro geben. "Wir haben ein sofort wirksames Volumen von bis zu 11 Prozent, davon eine dauerhafte Erhöhung der Löhne um bis zu 7,2 Prozent, angeboten", hatte ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel zuletzt gesagt. Das gehe über eine echte Reallohnsicherung hinaus und liege deutlich über vergleichbaren Tarifabschlüssen.