hamburg.t-online - Nachrichten für Hamburg
Such Icon
hamburg.t-online - Nachrichten für Hamburg
Such IconE-Mail IconMenü Icon


Hamburg

Tierquälerei im Hamburger Tierpark Hagenbeck: Hilft den Tieren ein Zoo-Boykott?


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

Verhaltensgestörte Tiere
Sollte niemand mehr in den Zoo gehen?


Aktualisiert am 19.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Pfleger im Elefanten-Gehege im Tierpark Hagenbeck (Archivbild): Tierschützer kritisieren die Haltung von Elefanten in Zoos scharf.Vergrößern des Bildes
Pfleger im Elefantengehege des Tierparks Hagenbeck (Archivbild): Tierschützer kritisieren unter anderem die Nutzung von Elefantenhaken. (Quelle: Hanno Bode/imago-images-bilder)

Zootiere leiden erheblich unter der Gefangenschaft, sagen Tierschützer. Aber was wird aus ihnen, wenn niemand mehr in den Zoo geht?

Nachdem Aufnahmen aufgetaucht sind, die schwere Verhaltensstörungen bei Elefanten im Tierpark Hagenbeck in Hamburg dokumentieren, hat die Tierrechtsorganisation Peta ihren Aufruf zum Boykott von Zoos erneuert. Zoos seien nur Gefängnisse, die der Zurschaustellung der Tiere dienten, sagte die Biologin und Peta-Expertin Yvonne Würz t-online.

Doch was passiert mit den Tieren, wenn niemand mehr in den Zoo geht? Ein Ende der Zootierhaltung wäre natürlich nicht von heute auf morgen möglich, räumt Würz ein. Wichtig sei vor allem, die Zucht in den Zoos zu beenden. Denn die meisten in Gefangenschaft geborenen und lebenden Tiere ließen sich nicht einfach wieder auswildern. Für diese Tiere sei es wichtig, die Haltungsbedingungen deutlich zu verbessern, sagte die Peta-Expertin.

Eine weitere Möglichkeit sei es, Tiere in Auffangstationen oder in ihren Herkunftsländern halbfrei leben zu lassen. Der Wegfall von Eintrittsgeldern ist aus der Sicht der Tierschützerin dabei kein Problem. Die meisten Zoos würden ohnehin von den Städten finanziert. Dieselben Gelder würden statt in den Zoo und teure Bauprojekte wie neue Affenhäuser dann in die Auffangstation investiert. Für den Tierpark Hagenbeck gilt das allerdings nicht: Er finanziert sich fast ausschließlich aus Spenden und Eintrittsgeldern.

Verband: Zoos sind Artenschutzzentren und Bildungseinrichtungen

Der Verband der Zoologischen Gärten (VdZ) hingegen unterstreicht die Bedeutung von Zoos für Biodiversität und Gesellschaft. Eine Million Tierarten weltweit seien bedroht, sagte eine VdZ-Sprecherin t-online. Gegen den Artenschwund zu kämpfen, müsse eine Gemeinschaftsaufgabe sein. "Zoos sind ein bedeutender Teil der Lösung und übernehmen diese Verantwortung gerne, damit wir auch zukünftig in einer Welt mit Tieren leben können. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Menschen vollkommen abhängig sind von allen Leistungen der Natur."

Moderne Zoos seien Artenschutzzentren, in denen die Genetik vieler Arten erhalten werde und in denen auf Grundlagen aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse gearbeitet werde. Auch der Tierpark Hagenbeck richte sich nach diesen Standards, der EU-Zoorichtline und dem Bundesnaturschutzgesetz, so die VdZ-Sprecherin. "Die Gehege werden ständig umgebaut und an neue Erkenntnisse angepasst. Elefanten, aber auch alle anderen Tierarten, tiergerecht zu halten, wird der Schlüssel für die Zoos der Zukunft sein."

Darüber hinaus seien Zoos Bildungseinrichtungen, betont der VdZ. Im Vorpandemiejahr 2019 besuchten dem Verband zufolge mehr als 45 Millionen Menschen die 71 VdZ-Mitgliederzoos in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Spanien. "Von diesen wiederum wurden über 1,2 Millionen Menschen durch besondere Bildungsangebote zur Nachhaltigkeit angesprochen, etwa in Führungen oder bei Besuchen der Zooschulen", so die Sprecherin.

Tierschützer: Leid der Zootiere für Laien erkennbar

Die Argumente, Zoos trügen zu Artenschutz und Bildung bei, weist Peta-Expertin Würz zurück. So würden in Zoos vor allem besonders beliebte und nicht primär besonders gefährdete Tiere gehalten, sagt sie. Zudem komme es nur sehr selten zu Auswilderungen. Nachhaltig sei Artenschutz nur vor Ort – im natürlichen Lebensraum der Tiere. Studien zeigten zudem, dass die meisten Menschen bei einem Zoobesuch nichts lernten und auch im Nachgang ihr Verhalten im Hinblick auf Natur- und Artenschutz nicht änderten, so die Tierschützerin.

Auch von Wildparks, in denen heimische Tierarten zu sehen sind, hält sie wenig. Die Tiere dort zeigten ebenfalls häufig Verhaltensstörungen, die auf das Leben in Gefangenschaft zurückzuführen seien. Vor allem Raubtiere, Eulen und Greifvögel litten dort erheblich. "Warum sollte man die Tiere einsperren, statt sie in einer naturkundlichen Führung in freier Wildbahn zu erleben?", fragt die Biologin.

Video | Tierschützer dokumentieren gestörtes Verhalten
Player wird geladen
Quelle: t-online

Das Leid der Tiere sei selbst für Laien erkennbar. So zeigten Tiere auffällige Bewegungsmuster wie die Elefantenkuh Lai Sinh in Hamburg. Das weise auf seelisches Leid hin. Das Leben in Gefangenschaft führe aber auch zu körperlichen Erkrankungen und zu einer höheren Jungtiersterblichkeit, so die Biologin weiter. Bei Elefanten sei die Lebenserwartung in Zoos sogar generell geringer als in Freiheit. Bei Menschenaffen sei das Leid mit dem von Menschen in Gefangenschaft vergleichbar. Diese Tiere könnten erkennen, dass sie gefangen seien, sagte Würz.

Zoos bleiben beliebt

Der VdZ sieht Boykottaufrufe derweil gelassen. Die Zoos erführen eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz. "Eine Forsa-Umfrage von 2020 zeigt, dass vier von fünf Deutschen hierzulande hinter den Zoos, Tiergärten und -parks stehen. Über 80 Prozent befürworten, dass es Zoos in Deutschland gibt", so die Sprecherin.

Auch der Tierpark Hagenbeck verzeichnete vor der Corona-Pandemie einen stetigen Anstieg der Besucherzahlen. Im Rekordjahr 2019 besuchten der Statistik-Plattform Statista zufolge 1,93 Millionen Menschen den Hamburger Zoo.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Yvonne Würz, Fachreferentin für Tiere in Zoo und Zirkus bei Peta Deutschland
  • Anfrage an den Verband der Zoologischen Gärten (VdZ)
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website