Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Aktivisten beschmieren Privatjet Es geht um Neid, nicht ums Klima
Auf Sylt haben Klimaaktivisten der "Letzten Generation" einen Privatjet mit Farbe beschmiert. Damit nehmen sie endlich die ins Visier, die sie eigentlich treffen wollen.
Mit dem Farbanschlag auf einen Privatjet auf der Ferieninsel Sylt gehen die Aktivisten nun neue Wege und nehmen Deutschlands Superreiche ins Visier. Treffen die Proteste der Aktivisten jetzt die Richtigen?
Jetzt geht es den Richtigen an den Kragen
Eigentlich müssen wir den Klimaaktivisten dankbar sein. Fast täglich kommen sie mit ihren Aktionen in die Schlagzeilen. Gut so! Denn sie sind diejenigen, die uns unermüdlich daran erinnern, dass der Klimawandel uns alle betrifft. Wegschauen hilft nicht angesichts der dramatischen Prognosen, die durch Forschungsberichte wieder und wieder bestätigt werden.
Bei aller Aufregung um die Klimaproteste dürfen wir nicht vergessen: Die Aktivisten sprühen den Privatjet nicht aus Spaß an. Im Gegenteil, es sind meist junge Menschen, die aus Not und Verzweiflung handeln. Beim ZDF-Politikbarometer im April gaben 48 Prozent aller Befragten an, dass derzeit zu wenig für den Klimaschutz getan wird. Ziviler Ungehorsam mag vielleicht unschön sein, aber er ist effektiv.
Bislang traf der Protest Pendler, die auf ihr Auto angewiesen sind, um zur Arbeit zu fahren. Nun trifft es reiche Reisende – und die brauchen sicherlich keinen Privatflug, um auf Sylt die Seele baumeln zu lassen. Die 1. Klasse im Zug oder der Autozug hätten es auch getan. Auch wenn es sich um Sachbeschädigung handelt, die Farbaktion prangert offensichtlichen Überfluss an.
So bitter es ist: Die Klimaaktivisten haben auch wieder einmal die Fakten auf ihrer Seite. Einer Oxfam-Studie von 2021 zufolge verursacht ein Milliardär so viele Treibhausgase wie eine Million Menschen aus den ärmeren 90 Prozent der Weltbevölkerung. Die Entwicklung setzt sich fort: In Deutschland haben sich in den letzten zwei Jahren die Flüge mit Privatjets mehr als vervierfacht. Somit reagiert die "Letzte Generation" auf Kritik von außen, ihre Straßenaktionen hätten bislang die Falschen getroffen. Ihre jetzige Aktion gegen offensichtliche "Klimasünder" könnte ihre Forderungen nach mehr Klimaschutz in der Bevölkerung anschlussfähiger machen.
Das ist kein Protest mehr
Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" haben den Pfad des "zivilen Ungehorsams" längst verlassen. Das war schon beim Fahrbahnkleben grenzwertig. Aber nun gehen die Aktivisten zu weit. Denn einen Privatjet anzumalen, ist kein gewaltfreier Protest – es ist eine Straftat.
Wer jetzt jubelt, dass es bei einem Flugzeug in Privatbesitz die Richtigen treffe, macht es sich zu leicht. Denn Zerstörung von Eigentum hat herzlich wenig mit dem Klima zu tun. Bei dem beschädigten Flugzeug geht es wohl vielmehr um Neid. Und nicht ums Klima.
Dabei ist die Aktion nur eines: Sachbeschädigung. Und kommt damit in der Liste der Delikte zu Nötigung hinzu, die die Aktivisten als Protestform gewählt haben. Dafür wurden die ersten Aktivisten inzwischen zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Auch im Fall des Jets ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Die ursprüngliche Idee, nämlich auf den Klimawandel und die politische Einfallslosigkeit aufmerksam zu machen, wird so kaum vermittelt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur lehnen drei Viertel der Befragten die Aktionen der Aktivisten ab.
Damit erweist die "Letzte Generation" allen anderen Aktivisten und vor allem dem Klima einen Bärendienst: Statt das gesellschaftliche Interesse auf den Klimawandel zu lenken, wird nur noch über die Proteste gesprochen. Und gemeckert. Schade, vor allem fürs Klima.