Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ausflug ab Hamburg Die alte Postschiffroute: eine Reise mit Polarlicht-Versprechen
Von Hamburg in den hohen Norden: Auf der alten Route der Postschiffe können Kreuzfahrer hoffen, Polarlichter sehen zu können.
Jeden zweiten Freitag heißt es um 18 Uhr in der Hafencity "Leinen los": Der Abstand zwischen der "Otto Sverdrup" und den Kaianlagen am Cruise Center Baakenhöft wird jede Minute größer. Gemächlich nimmt das Hurtigruten-Schiff Fahrt auf und passiert kurz darauf auf der Steuerbordseite die beleuchtete Elbphilharmonie.
Elbabwärts geht es auf eine zweiwöchige Reise in eine Region weit oberhalb des Polarkreises, wo die Winter noch eisig kalt sind und Landschaftserlebnisse im Mittelpunkt stehen. Eigentlich verläuft die klassische "Hurtigruta", die schnelle Route der Postschiffe, von Bergen bis Kirkenes. Dabei werden Kurzaufenthalte in 34 Häfen eingelegt. Und für Passagiere aus Deutschland macht das eine Fluganreise nach Bergen als Startpunkt erforderlich.
Doch im Sommer 2021 kam die Reederei Hurtigruten nach der Corona-Zwangspause auf die Idee, eines ihrer Schiffe bereits von und bis Hamburg fahren zu lassen und entlang der norwegischen Küste weniger Häfen anzulaufen, dafür aber mit längeren Liegezeiten für Landausflüge.
Entlang der Küste von Helgeland zu Inselgruppen
Am nächsten Reisetag heißt es auf dem Weg nach Stavanger "auf See", die ideale Zeit, um das Schiff näher kennenzulernen, das nach dem Kapitän und Polarforscher Otto Sverdrup benannt ist. Es wurde 2002 als "Finnmarken" in Dienst gestellt und 2021 komplett modernisiert, inklusive drei Restaurants, Wellness-Bereich, Landstromanschluss und Hybridantrieb mit Akkus. Statt eines Unterhaltungsprogramms, wie auf vielen anderen Kreuzfahrtschiffen von Aida oder Tui Cruises, bietet das "Expeditionsteam" täglich Vorträge über Land und Leute, veranstaltet Workshops und Kochvorführungen, macht mehrsprachige Durchsagen über Sehenswürdigkeit entlang der Route.
Nach Ålesund navigiert das Schiff nicht über die offene See, sondern durch die Schären, geschützt zwischen Inseln und Festland. Mit den Sieben Schwestern, den zu Stein geworden weiblichen Trollen, so die Sage, ragen kurz vor Erreichen des Polarkreises die sieben vom Schnee überzuckerten bis zu 1.000 Meter hohen Gipfel empor.
Mit langsamen zwölf Konten, umgerechnet gut 22 km/h, gleitet die "Otto Sverdrup" durch die Winterlandschaft und nimmt Kurs auf Svolvær, die Hauptstadt der Lofoten. Dann folgt Stokmarknes auf den Vesterålen, wo nicht nur Kai Albrigtsen, der Kapitän des Schiffes, geboren wurde, sondern auch Hurtigruten.
In dem heute 3.000-Seelen-Dorf gründete 1893 Richard With die erste ganzjährige Postschiffsverbindung. Das Hurtigrutens Hus macht die Geschichte dieser ersten Schiffstouren begreifbar. Ein modernes Glasgebäude beherbergt wie ein überdimensionales Buddelschiff die alte "MS Finnmarken", die 1956 bei Blohm & Voss in Hamburg vom Stapel lief. In dem nun auf dem Trockenen liegenden Schiff begeben sich die Besucher auf eine Zeitreise.
Danach geht es nach Tromsø. Der achtstündige Aufenthalt reicht für den Besuch des Polarmuseums. Das Polaria erinnert architektonisch an aufragende Eisschollen. Im Innern gibt es Aquarien und Becken mit Bartrobben. Am achten Tag geht es in den Hafen von Honningsvåg, dem Umkehrpunkt der Rundreise. Fast alle Passagiere haben den Bus-Ausflug zum Nordkap auf dem 300 Meter hohen Felsplateau gebucht, dem nördlichsten Punkt des Kontinents.
Farbige Lichtspiele am Winterhimmel
Doch die meisten unternehmen die Reise, weil sie ein Phänomen am Himmel erleben möchten, das es nur im hohen Norden in klaren Winternächten zu sehen gibt: das Polar- oder Nordlicht. Es entsteht, wenn elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwindes auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen. Dort regen sie insbesondere Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle zum Leuchten an. Auf dem Rückweg, der auch nach Alta, Narvik und Bergen führt, haben wir Glück. Die Wolken verschwinden, spezielle Apps zeigen die aktuellen Sichtungen an. Beim Abendessen erfolgt die Durchsage "Nordlys" mit Angabe der Himmelsrichtung. Alles stürmt mit und ohne Jacken auf die Aussichtsdecks. Das Naturschauspiel kommt lautlos daher, die Lichtschleier am Nachthimmel wechseln ihre Farbpalette von hellgrün über tiefblau bis türkis. Anders als auf den digitalen Aufnahmen mit einem Handy wirkt die Erscheinung in der Realität weniger intensiv.
Während der zweiwöchigen Winterreise bestehen sehr gute Chancen, das Nordlicht zu sehen. Hurtigruten lehnt sich sogar weit aus dem Fenster und gibt das Nordlicht- Versprechen. "Sollten die Nordlichter während Ihrer Reise nicht in Sichtweite Ihres Schiffes erscheinen, bekommen Sie von uns eine sechstägige Reise mit der klassischen Postschiffroute Kurs Süd oder eine siebentägige Reise Kurs Nord kostenlos."