Hamburger Comedienne Nicole Jäger verliert 170 Kilo: "Ich lasse mich nicht mehr schlecht behandeln"

Einst wog sie 340 Kilo, heute steht die Hamburgerin mit Humor auf der Bühne: Nicole Jäger erzählt von ihrem Kampf mit dem Körper – und warum das wahre Problem nie ihr Gewicht war.
Nicole Jäger hat auf der Bühne das Lachen gelernt – und davor jahrelang geschwiegen. Die Hamburgerin, die einst 340 Kilogramm wog, ist heute 170 Kilo leichter. Sie schreibt Bücher, tourt mit Stand-up-Programmen durch Deutschland und spricht offen über die sichtbaren und verdrängten Seiten ihres Lebens. "Mit mehr Gewicht war ich ein deutlich härterer Mensch", sagt sie im Gespräch mit dem Magazin "Stern". Ihr Körper sei ihr Schutzschild gewesen.
Als sie begann abzunehmen, verlor sie nicht nur Pfunde, sondern auch ihren emotionalen Panzer. "Mein Fett war meine Mauer", sagt sie dem Magazin. Verdrängte Unsicherheiten kamen an die Oberfläche. Jahre voller Jo-Jo-Diäten und Essanfälle hatten ihre Spuren hinterlassen – körperlich wie seelisch.
Der Wendepunkt kam im Rollstuhl
Ein Trampolin-Unfall verschärfte ihre Situation: Laut NDR war Jäger zwei Jahre lang auf den Rollstuhl angewiesen. Der Moment der Entscheidung kam, als sie sich eines Morgens eingestehen musste: "Ich sterbe. Jetzt ist es vorbei." Statt einem Diätplan folgte sie einem Ziel – sie wollte überleben, dazugehören.
Ein Arzt klärte sie darüber auf, dass weniger als zwei Prozent der Menschen mit einem Body-Mass-Index über 45 es schaffen, dauerhaft ohne Operation abzunehmen. "Ich wollte zu diesen zwei Prozent gehören", sagt Jäger im "Stern"-Interview.
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Erfolg – aber innerlich leer
Trotz des physischen Erfolgs stellte sich kein echtes Glück ein. Beruflich war sie erfolgreich, füllte Hallen und trat im Fernsehen auf. Doch innerlich blieb sie leer. "Mich macht nichts mehr richtig glücklich", erinnert sie sich im Gespräch mit dem "Stern". Sie zog sich zurück – fünf Wochen lang reiste sie allein durch Spanien. Diese Reise wurde zum Wendepunkt und zum Kern ihres neuen Buches: "Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein."
Besonders bewegend beschreibt sie eine Szene am Strand: Mit 40 Jahren trägt sie erstmals einen Bikini. Zwei Frauen rufen ihr "Guapa!" zu – Spanisch für "Schöne". Zum ersten Mal glaubt sie es. Nicht wegen ihres neuen Körpers, sondern weil sie sich selbst erlaubt, sichtbar zu sein.
Entwürdigende Erfahrungen – mitten in Hamburg
Bevor sie lernte, sich selbst sichtbar zu machen, erlebte Nicole Jäger viele demütigende Momente – auch mitten in Hamburg. Sie kennt das Gefühl, ständig angestarrt zu werden – etwa beim Spaziergang über den Jungfernstieg, wo sie nach eigenen Angaben häufig auf ihr Gewicht angesprochen wurde.
Auch in Arztpraxen machte sie entwürdigende Erfahrungen. So habe sie eine Ärztin einmal gebeten, nicht in der Praxis zu sterben, da man nicht wisse, wie man sie hinaustragen solle. Diese Begegnungen haben sie geprägt. Heute, sagt sie dem "Stern", gehe sie nicht nur achtsamer mit sich selbst um – sondern auch konsequenter mit anderen: "Ich lasse mich nicht mehr schlecht behandeln."
Nicole Jäger: "Du darfst Raum einnehmen"
Trotz des Gewichtsverlusts lebt Jäger bis heute mit einer körperdysmorphen Störung. Sie sieht ihren Körper oft nicht so, wie er wirklich ist. Drehkreuze lösen Panik aus – obwohl sie längst hindurchpasst. "Ich bekomme Schweißausbrüche, wenn ich ein Drehkreuz sehe", sagt sie dem "Stern".
Was sie anderen mitgeben will, ist klar: Niemand muss abnehmen, um ein Recht auf Glück oder Sichtbarkeit zu haben. "Deine Daseinsberechtigung ist bereits erfüllt."