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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Von Digitalisierung bis Wohnen Das sind die größten Veränderungen im neuen Koalitionsvertrag

Hamburg hat eine neue Regierung. Ein Vergleich der Koalitionsverträge zeigt: Bei einigen Themen will der Senat künftig Dampf machen.
Der Koalitionsvertrag 2025 für Hamburg steht – und bringt im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode zahlreiche neue Akzente. Auch die Personalien im Senat lassen aufhorchen. So übernimmt Katharina Fegebank, alte und neue Zweite Bürgermeisterin, das Amt der Umweltsenatorin und macht das Thema somit zur "Chefinnen-Sache", wie es in einer Mitteilung der Grünen heißt.
Auch die Energiepolitik der Stadt wird in die Umweltbehörde umgesiedelt. Sämtliche SPD-Senatoren behalten ihre Posten. Dennoch zeigt der Vergleich der Koalitionsverträge von 2020 und 2025: Ein "Weiter so" reicht der Regierung nicht.
Digitalisierung im Wohnungsbau
Im Wohnungsbau bleibt zwar das Ziel bestehen, jährlich 10.000 neue Wohnungen zu schaffen. Neu ist jedoch, dass die Stadt künftig stärker auf digitale Instrumente wie ein Baulückenkataster setzt. Die Nutzung solcher innerstädtischen Potenziale soll beschleunigt und systematisiert werden. Auch die Verfahren selbst sollen vereinfacht und digitalisiert werden, um den Wohnungsbau spürbar zu entlasten.
Die klassischen Großprojekte wie Oberbillwerder oder Mitte Altona bleiben zwar relevant, doch rückt die Koalition stärker die Optimierung im Bestand in den Fokus. Ob das ausreichend, um den Druck auf dem Hamburger Wohnungsmarkt zu reduzieren, bleibt abzuwarten.
Veränderte Mobilitätspolitik
Der Bereich Mobilität war im Wahlkampf zum Zankapfel geworden. Zwar behält Anjes Tjarks (Grüne) seinen Posten als Mobilitätssenator, musste sich aber einem SPD-Anliegen beugen: dem "Masterplan Parkplätze". In Stadtteilen mit besonders hoher Parkraumnachfrage sollen keine weiteren Stellplätze entfallen, ohne gleichzeitig für Alternativen wie Quartiersgaragen zu sorgen.
Damit reagiert die Koalition auf die Kritik, die Verkehrswende dürfe nicht zulasten der alltäglichen Lebensrealität vieler Menschen gehen. Gleichzeitig wird jedoch am Ziel festgehalten, den Rad- und öffentlichen Nahverkehr weiter auszubauen.
Verkehrspolitisch bleibt zudem der Weiterbau der Autobahn A 26 Ost ein Thema. Zwar wurde das Projekt bereits 2020 erwähnt, doch nun ist es explizit als Priorität festgeschrieben.
Schlankere Verwaltung mehr Digitalisierung
Der wohl markanteste Wandel zeigt sich in der Verwaltungsmodernisierung. Die Koalition widmet diesem Thema erstmals ein eigenes Kapitel mit klaren Zielvorgaben: Genehmigungsverfahren sollen radikal beschleunigt, Zuständigkeiten entflechtet und alle Verfahren bis spätestens 2028 vollständig digitalisiert werden. Damit will Hamburg bundesweit zum Vorreiter werden.
Zudem ist die Einführung einer "One-Stop-Agency" für Unternehmensgründungen geplant – eine zentrale Anlaufstelle, die Gründungsprozesse vereinfachen und wirtschaftliche Dynamik fördern soll. Ergänzt wird das durch eine neue Strukturierung der Behörden: So wird unter anderem die Arbeitsmarktpolitik in die Wirtschaftsbehörde integriert und die Energiepolitik der Umweltbehörde zugeordnet – Maßnahmen, die Entscheidungsprozesse verschlanken und bündeln sollen.
Wirtschaft ist wenig begeistert
Allerdings: Der große Applaus aus der Wirtschaft bleibt aus. "Große neue Entwürfe und innovative Wege für mehr Wettbewerbsfähigkeit, gerade mit Blick auf den handwerklichen Mittelstand, stehen nicht im Zentrum der Vereinbarungen", sagt der Präsident der Handwerkskammer Hamburg, Hjalmar Stemmann, in einem Statement. Norbert Aust, Präses der Handelskammer, hingegen bemängelt, dass der Koalitionsvertrag zwar sehr genau beschreibe, wie wir in Hamburg leben wollen. Aber: "Die Antworten, wovon wir leben wollen, bleiben vage."
Auch die Industrie zeigt sich wirtschaftspolitisch enttäuscht. "Der heute vorgestellte Koalitionsvertrag zeigt aus Sicht der Industrie Licht und Schatten", schreibt der Vorsitzende des Industrieverband Hamburg, Andreas Pfannenberg. "Zu viel Schulterklopfen, zu wenig Ambitionen reichen nicht aus, um die verloren gegangene Wettbewerbsfähigkeit der Industrie wieder auszugleichen."
Ein starkes Signal geht in Richtung Jugendpolitik: Mit einem eigenen Kinder- und Jugendmitwirkungsgesetz sowie der Bundesrats-Initiative zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für Bundestagswahlen wird Beteiligung junger Menschen auf ein neues Niveau gehoben. Parallel wird die Landesförderung für Freiwilligendienste ausgeweitet, um mehr Plätze zu schaffen. Sozialpolitisch wird betont, dass kostenlose Kita-, Ganztags- und Schülertickets verstetigt werden. Darüber hinaus kündigt die Koalition erstmals einen konkreten Armutsbekämpfungsplan mit verbindlichen Zwischenzielen bis 2030 an.
Olympia als politisches Ziel
Wirklich neu ist das Bekenntnis zu einer Hamburger Olympiabewerbung, erstmals seit dem Scheitern eines solchen Vorhabens vor zehn Jahren. Damals erteilten die Hamburger dem Plan eine Absage. Nun wird aus Olympia in Hamburg ein zentrales Vorhaben im Koalitionsvertrag. Ein politischer Erfolg für Sportsenator Andy Grote, der die Sportveranstaltung gerne nach Hamburg holen würde.
Konkret heißt es, dass die Koalition "die Bewerbung des Deutschen Olympischen Sportbunds um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Sommerspiele in Deutschland" unterstützt. Ziel sei es, "eine Ausrichtung in Hamburg – unter Einbeziehung weiterer Standorte, insbesondere in Norddeutschland – anzustreben". Allerdings soll es wieder ein Referendum der Hamburger geben, ob sie Olympia wirklich wollen – auch das steht im Koalitionsvertrag.
- gruene-hamburg.de: Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 23. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft
- hamburg.de: Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 22. Legislaturperiode der Hamburgischen Bürgerschaft
- Pressemitteilung des Industrieverband Hamburg e.V. vom 24. April 2025
- Pressemitteilung der Handelskammer Hamburg vom 24. April 2025
- Pressemitteilung der Handwerkskammer Hamburg vom 24. April 2025
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