"Atmosphäre der Angst" Berichte: Neue Vorwürfe gegen Ballettchef

Neue Enthüllungen im Streit um den Hamburg-Ballett-Chef: Nach zahlreichen Kündigungen untermauern nun auch ehemalige Kollegen aus Düsseldorf die Kritik.
Die Krise beim Hamburg Ballett spitzt sich weiter zu: Dem NDR und dem "Spiegel" liegt ein Brief vor, in dem 17 derzeitige und ehemalige Tänzerinnen und Tänzer des Balletts am Rhein in Düsseldorf schwere Vorwürfe gegen Demis Volpi erheben – den aktuellen Leiter des Hamburg Balletts und Nachfolger der Hamburger Ballettlegende John Neumeier.
Die Düsseldorfer Tänzer unterstützen mit ihrem Schreiben an Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) nicht nur die Hamburger Kollegen, sondern berichten auch von eigenen negativen Erfahrungen während Volpis vierjähriger Amtszeit in Düsseldorf. Das Arbeitsumfeld unter seiner Leitung sei von "inkonsequenter Kommunikation, mangelnder Transparenz und einer Atmosphäre der Angst und Unsicherheit geprägt" gewesen.
"Für viele wurde die Erfahrung nicht nur entmutigend, sondern auch traumatisch, was sich negativ auf ihr Selbstvertrauen, ihre Motivation und ihr allgemeines Wohlbefinden auswirkte", heißt es in dem Brief weiter. Wegen der belastenden Arbeitsatmosphäre hätten auch am Rhein mehrere langjährige Tänzerinnen und Tänzer vor Ablauf ihrer Verträge gekündigt – ein in der Ballettszene äußerst ungewöhnlicher Vorgang.
Fünf Hamburger Solisten haben unter Volpi schon hingeworfen
Ähnliches war zuvor in Hamburg Anfang April bekannt geworden: Fünf der elf Ersten Solisten werden ihre Verträge nicht verlängern. Zudem hatten mehr als 30 Mitglieder der Hamburger Ballettcompagnie – mehr als die Hälfte des Ensembles – einen Brandbrief an den Hamburger Kultursenator geschickt, in dem sie von einem "toxischen Arbeitsklima" berichteten. Die Düsseldorfer Tänzer hoffen mit ihrem Brief laut NDR auf eine "breitere Diskussion über die Verantwortung und Erwartungen an Personen in einflussreichen kulturellen Positionen."
Demis Volpi hatte Anfang Mai mit einem Statement auf die Hamburger Vorwürfe reagiert: "Der Wechsel an der Spitze einer Compagnie nach über 50 Jahren ist ein außergewöhnlicher, historisch einzigartiger Prozess, für den es keine Vorlage gibt – für das Ensemble wie für die künstlerische Leitung. Ich verstehe, dass es durch Veränderungen und neue Impulse auch Spannungen geben kann. Gleichzeitig nehme ich die Vorwürfe sehr ernst, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass diese im persönlichen Gespräch an mich herangetragen worden wären."
Er stehe derzeit in engem Austausch mit den Ensemblesprechern. Der 39-jährige Deutsch-Argentinier hatte im Sommer die Leitung des weltberühmten Hamburg Balletts von John Neumeier (86) übernommen, der die Compagnie 51 Jahre lang geprägt hatte. Bei seiner ersten Premiere in Hamburg "The Times Are Racing" hatte Volpi noch stehende Ovationen vom Hamburger Publikum erhalten.
- ndr.de: Vorwürfe gegen Volpi - Krise beim Hamburg Ballett weitet sich aus
- spiegel.de (kostenpflichtig): Neue Vorwürfe gegen Hamburger Ballettchef Demis Volpi
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa