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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stadt nimmt neuen Anlauf Hamburg will Olympia: Ein Traum und viele Rückschläge

Es ist der große Traum der Hamburger Politik: Einmal Olympische Spiele an der Elbe zu veranstalten. Die Stadt unternimmt nun den vierten Anlauf. Ein Rückblick.
Hamburg will endlich Olympiastadt werden. München, Berlin, Garmisch-Partenkirchen waren schon Ausrichter von Sommer- oder Winterspielen, selbst Kiel und Augsburg haben Teile der Wettbewerbe veranstaltet. Zehn Jahre nach dem gescheiterten Referendum startet die Hansestadt einen neuen Anlauf.
1986 nahm der Olympia-Plan in Hamburg erstmals Fahrt auf. Zunächst war eine Bewerbung für 1996 im Gespräch, später ging es um die Sommerspiele 2000 oder 2004. "Infrastrukturell und vom Bestand der Sportstätten her weist Hamburg eine hohe Qualität vor, die mit geringfügigen Verbesserungen auf olympisches Niveau gebracht werden könnte", sagte der damalige Innensenator Rolf Lange (SPD).
1990: Mauerfall lässt Hamburgs Traum von Olympia platzen
Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) reiste 1988 eigens zu den Spielen nach Seoul, um Werbung zu machen. Dann ließ die Wende den Hamburger Traum platzen: Mit dem Rückenwind des Mauerfalls wurde Gesamt-Berlin 1990 zum symbolträchtigen Favoriten des Nationalen Olympischen Komitees (NOK). Die Spiele 1996 (Atlanta), 2000 (Sydney) und 2004 (Athen) gingen allesamt an andere Nationen.
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Nach der Jahrtausendwende nahm das NOK die Pläne wieder auf: Deutschland sollte sich auf die Winterspiele 2010 oder die Sommerspiele 2012 bewerben. Im Sommer 2001 freute sich Sport- und Innensenator Olaf Scholz (SPD) über den "Elan" der Debatte, mahnte aber zur Vorsicht – zunächst sollte Hamburgs Infrastruktur gründlich auf Olympia-Tauglichkeit geprüft werden.
2004: Leipzig erhält überraschend den deutschen Olympia-Vorzug
"Feuer und Flamme" wurde im Mai 2002 das offizielle Motto der Hamburger Bewerbung. Horst Meyer, Chef der Olympia-GmbH der Stadt, zeigte sich siegessicher: "Ich bin schon heute überzeugt, dass nur Hamburg international Chancen hat", sagte er. Sensationell fiel die Wahl auf Leipzig – die Olympischen Sommerspiele 2012 fanden schließlich in London statt.
Doch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte Blut geleckt. "Der Senat verbindet seine Vision von Hamburg als einer internationalen Metropole klar mit der Bewerbung für Olympische Spiele – im Rahmen einer langfristig angelegten Strategie", sagte er im Juli 2005. Geplant war nicht nur eine Bewerbung für 2016, sondern auch für 2020, 2024 und 2028.
2024: Hamburg ist offizieller Olympia-Kandidat
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sah für 2016 (Rio de Janeiro) und 2020 (Tokio) keine Erfolgsaussichten und verzichtete auf eine Bewerbung. Doch im März 2015 entschied sich der DOSB einstimmig für Hamburg als Kandidaten für 2024 oder 2028: "Angesichts der Zustimmung, die man heute schon in Hamburg spüren kann, glaube ich, dass es auch beim Referendum eine sehr große Zustimmung geben wird", sagte Bürgermeister Olaf Scholz.
Im Frühjahr 2015 lag die Zustimmung in Umfragen bei 64 Prozent, Anfang November nur noch bei 56 Prozent. Unter dem Motto "(N)Olympia" wuchs der Protest gegen das Großprojekt. Die Stadt hatte mit der Elbphilharmonie bereits ein Prestigeobjekt, das deutlich teurer und später als geplant fertiggestellt wurde – das verunsicherte viele Wähler. Zudem verschlang die Rettung der HSH Nordbank 2015 über 16 Milliarden Euro.
Hamburger stimmen per Referendum gegen Olympia-Bewerbung
Nach dem starken Zustrom Geflüchteter im Spätsommer und Herbst sowie den Terroranschlägen in Paris am 13. November 2015 mit 130 Toten und 683 Verletzten verschoben viele Hamburger ihre Prioritäten. Auch sportpolitische Skandale wie das russische Staatsdoping oder die Korruptionsaffäre rund um die WM 2006 schadeten dem Image. Am Wahlabend des 29. November folgte das Fiasko für Senat und DOSB: 51,6 Prozent der Hamburger stimmten gegen die Bewerbung.
Zehn Jahre später hat der rot-grüne Senat die Enttäuschung abgeschüttelt. Sport- und Innensenator Andy Grote (SPD) ist längst als Olympia-Fan bekannt. "Wir wollen, dass wir in einer besseren Stadt leben nach den Olympischen Spielen", sagte er bei der Vorstellung der Pläne für die Sommerspiele 2036, 2040 und 2044.
Ein Referendum ist auch dieses Mal vorgesehen. Und die "(N)Olympia"-Bewegung steht ebenfalls schon wieder in den Startlöchern.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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