Gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bürgerschaft bittet Gehörlose um Entschuldigung

Die Hamburgische Bürgerschaft will das Unrecht an gehörlosen Menschen aufarbeiten. Betroffene wurden in Schulen gezwungen, auf Gebärdensprache zu verzichten. Das ist geplant.
Die Hamburgische Bürgerschaft hat gehörlose Menschen für das ihnen zugefügte Leid in Bildungseinrichtungen um Verzeihung gebeten. In Hamburger Schulen wurde Betroffenen bis in die 1990er-Jahre verboten, ihre Gebärdensprache zu nutzen. Sie wurden stattdessen gezwungen, die Lautsprache zu verwenden, wie aus einer gemeinsamen Mitteilung von SPD, CDU, Grünen und Linken hervorgeht.
Die Parteien haben einen interfraktionellen Antrag eingebracht, der das erlittene Unrecht anerkennt. Die Hamburgische Bürgerschaft stimmte heute darüber ab. Der Antrag sieht vor, einen Entschädigungsfonds auf Bundesebene einzurichten und landesrechtliche Erleichterungen bei der Leistungsgewährung zu schaffen.

Langer Weg zur Gleichstellung
Der 1880 auf dem 2. Internationalen Taubstummen-Lehrer-Kongress, dem Mailänder-Kongress, beschlossene Vorzug der Lautsprache gegenüber der Gebärdensprache wurde in vielen Ländern als Gebärdensprachenverbot umgesetzt. Die Deutsche Gebärdensprache wurde erst 2002 mit dem Behindertengleichstellungsgesetz als eigenständige Sprache anerkannt. Die gebärdensprachliche Beschulung wurde erst 2009 mit der UN-Behindertenrechtskonvention gesetzlich verankert.
Betroffenere schildern ihr Leid
Betroffene hatten in einer simultan gebärdengedolmetschten Sitzung des Sozialausschusses Anfang Februar über ihre Erfahrungen berichtet. Regina Jäck, Sprecherin für Menschen mit Behinderung der SPD-Fraktion, erklärte: "Gehörlosen Menschen ist lange Zeit verboten worden, ihre Gebärdensprache zu nutzen. Sie wurden dafür bestraft, auf ihre Weise zu kommunizieren und so in Kontakt mit der Welt zu treten."
Der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Grutzeck, betonte, das jahrzehntelange Schweigen über die systematische Ausgrenzung und das Leid gehörloser Menschen müsse durchbrochen werden. Die Berichte aus der öffentlichen Anhörung hätten gezeigt, wie tief die Wunden sitzen.
Kathrin Warnecke, Sprecherin für Inklusion der Grünen Fraktion, wies darauf hin, dass Gehörlose durch das Gebärdensprachverbot kaum Möglichkeiten hatten, sich auszudrücken und mit anderen in Kontakt zu treten. Die Spuren dieses Unrechts zögen sich durchs ganze Leben.
Hamburg stellt sich seiner Verantwortung
Thomas Meyer, inklusionspolitischer Sprecher der Linken, sieht den Antrag als weiteren Schritt, dass sich Hamburg seiner Verantwortung für die strukturelle Gewalt gegenüber gehörlosen Menschen stellt.
Die Fraktionen planen eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Umgangs mit gehörlosen Menschen in Hamburger Bildungseinrichtungen. Dabei soll die Perspektive der Betroffenen und der Forschungsbereich "Deaf Studies" einbezogen werden.
- Gemeinsame Pressemitteilung der Fraktionen per Email am 16. Juli 2025
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