Menschenhandel in Hamburg "Loverboy-Methode": Diakonie fordert mehr Schutz für Betroffene

Die "Loverboy-Methode" zwingt Minderjährige in Hamburg zur Prostitution. Die Diakonie fordert Schutzwohnungen, um diesen Betroffenen zu helfen.
Zum ersten Mal verliebt sein: Da denken viele an dieses Kribbeln im Bauch, an aufregende Momente, an die ersten zärtlichen Berührungen. Doch einige Kinder und Jugendliche in Hamburg haben keine guten Erfahrungen mit ihrer ersten Liebesbeziehung – ganz im Gegenteil.
Immer wieder werden Minderjährige durch die sogenannte "Loverboy-Methode" zur Prostitution gezwungen: Männer suchen sich gezielt Mädchen und junge Frauen und bringen sie dazu, sich in sie zu verlieben und emotional abhängig von ihnen zu werden – um sie dann zur Prostitution zwingen zu können.
Die Diakonie Hamburg fordert nun anlässlich des internationalen "Tag gegen Menschenhandel" am 30. Juli Schutzwohnungen für Betroffene. Das hat die Sozialeinrichtung der Evangelischen Kirche am Dienstag mitgeteilt.
"Menschenhandel existiert auch in Hamburg"
"Menschenhandel existiert auch in Hamburg. Die Gesellschaft muss hinschauen und sich des Problems bewusst werden", findet Anne, die als Sozialarbeiterin im Projekt "Fair Love" in Hamburg tätig ist. Das Projekt fungiert als Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige und bietet kostenlose sowie anonyme Beratung an sowie Unterstützung beim Ausstieg und Weitervermittlung.
Seit Projektstart im August 2021 wurden 163 Betroffene beraten, 2883 Fachkräfte geschult und 59 Präventionsworkshops an Schulen durchgeführt. Laut Christina Ellinghaus, stellvertretende Geschäftsbereichsleitung des Diakonie-Hilfswerks, fehle in Hamburg eine systematische Strategie, um Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten.
Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen von Mädchen hoch
Aus diesem Grund fordert sie Schutzwohnungen insbesondere für minderjährige Betroffene – damit diese nicht von den Tätern, den "Loverboys", gefunden werden können. Da die Männer häufig in der organisierten Kriminalität verortet seien, würden sich viele Betroffene nicht trauen, zur Polizei zu gehen.
Wie eine Sprecherin der Diakonie Hamburg auf Anfrage erklärt, ist die Nachfrage nach Mädchen und jungen Frauen im Internet weiterhin sehr hoch: Es gebe viele Männer, die gegen Geld nach sexuellen Dienstleistungen von Minderjährigen suchen.
Viele Frauen nehmen sich nciht als Opfer wahr
Wie viele in Hamburg tatsächlich betroffen sind, ist unklar – die Diakonie Hamburg spricht von einem sogenannten "Hard-to-Reach"-Klientel, also schlecht zu erreichenden Betroffenen. In dem Bericht "Monitor Menschenhandel in Deutschland" vom Oktober 2024 heißt es, dass in Hamburg je eine Million Einwohner 9,7 Beratungskontakte in Bezug zu Menschenhandel verzeichnet worden sind.
Erschwerend komme hinzu, dass sich viele Mädchen und Frauen von selbst keine Hilfe suchen, da sie das Vertrauen in die Strafverfolgung und Hilfesysteme verloren hätten, so die Sprecherin weiter. Zudem nähmen sich viele der Frauen gar nicht als Opfer wahr, da sie in die Täter verliebt seien.
- Mitteilung der Diakonie Hamburg vom 29. Juli
- Anfrage an die Diakonie Hamburg am 29. Juli