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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Für mehr Verkehrssicherheit Grüne in Altona fordern Tempo 30 in ganz Hamburg

Von Tempo 50 auf Tempo 30: Das fordern die Grünen in Altona von der Innenbehörde und dem Hamburger Senat. Ein wichtiger Schritt dafür wurde bereits auf den Weg gebracht.
Wenn es nach den Grünen Altona geht, sollen Autos in Hamburg nur noch 30 km/h fahren. Das soll vor allem vor sozialen Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Altenheimen zum Standard werden. Die Forderung wurde in einem Beschluss in der Bezirksversammlung Ende April festgelegt.
"Wir wollen die Verkehrssicherheit erhöhen", sagt Benjamin Harders von den Grünen und Mitglied im Verkehrsausschuss im Gespräch mit t-online. Dabei sei das Ziel die "Vision Zero". Diese sehe vor, dass es keine Schwerverletzten und Getöteten im Straßenverkehr mehr gebe.
Straßenverkehrsbehörden brauchen mehr Entscheidungskompetenz
"Um das umzusetzen, brauchen wir eine geringere Geschwindigkeit, vor allem vor sensiblen Einrichtungen", so Harders. Mit zunehmendem Tempo steige das Risiko schwerer Verletzungen exponentiell.
Deshalb fordern die Grünen mehr Entscheidungskompetenz für die Straßenverkehrsbehörden in Hamburg bei der Einrichtung von Tempo 30. Ein entsprechender Beschluss wurde in der Bezirksversammlung Altona am 28. April, gemeinsam mit der Linken, gefasst.
In der Vergangenheit habe es, trotz zahlreicher Eingaben von Bürgern, immer wieder Hindernisse gegeben, sagt Harders. "Es geht nicht darum, dass jetzt auf allen Straßen Tempo 30 gilt, sondern die rechtliche Grundlage zu schaffen, dass die Straßenverkehrsbehörden die Verkehrssicherheit leichter verbessern können."
Unfallgefahr spielt in Hamburg offenbar keine Rolle
Momentan werde diese Entscheidungskompetenz "von oberster Stelle" eingeschränkt. "Hamburg neigt aus einer gewissen Tradition heraus, weniger Tempo 30 zu ermöglichen oder einzurichten, als es eigentlich rechtlich möglich wäre", so der Grünen-Politiker.
Was er meint: Schon 2016 hat der Bundesrat beschlossen, dass vor Kitas, Schulen, Altenheimen und anderen sozialen Einrichtungen Tempo 30 eingerichtet werden soll. In Hamburg wird dies nach Ansicht der Grünen jedoch nicht konsequent genug umgesetzt.
Der Verkehr vor den Einrichtungen, zum Beispiel durch Bringen und Abholen, spiele gar keine Rolle. Auch Fußgänger und Fahrradfahrer, die dort unterwegs seien und plötzlich in einen Unfall verwickelt sein könnten, fänden keine Beachtung. Dabei sei dies ein essenzieller Punkt bei der Bewertung, erklärt Harders.
Hamburg soll sich an Bundesvorschrift halten
Mit dem jetzt getroffenen Beschluss werde empfohlen, diese Beschränkungen aufzuheben und die bundeseinheitliche Vorschrift vollständig anzuwenden. Zudem sollen künftig geltende Abweichungen von der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) öffentlich gemacht werden müssen.
Trotz mehrfacher schriftlicher Anfragen sei die zuständige Hamburger Behörde bislang "nicht auskunftsfreudig" gewesen, sagt Harders. "Und das, obwohl den Menschen bekannt sein sollte, wie mit der Verkehrssicherheit umgegangen wird."
Höhere Geschwindigkeiten weiterhin möglich
Der Beschluss der Bezirksversammlung vom 28. April sieht eine zweigleisige Lösung vor: Einerseits soll die Regelgeschwindigkeit innerorts auf Tempo 30 gesenkt werden, gleichzeitig aber auf Hauptverkehrsstraßen auch höhere Geschwindigkeiten möglich sein. "Es würde sich im ersten Moment nichts ändern", so der Grünen-Politiker.
Die Befürchtung vieler Menschen, dass der Verkehr dadurch "lahmgelegt" werde, kann Harders nicht teilen. Eher das Gegenteil sei der Fall. "Wenn man eine gleichmäßige Geschwindigkeit hat, werden die Städte lebenswerter, es gibt weniger Verkehrstote und alle sind entspannter und kommen besser miteinander aus."
Das habe auch der "Deutsche Städtebund" in seinem Positionspapier festgestellt. Auch dessen Initiative "Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten" will sich zusammen mit anderen Bundesländern im Bundesrat dafür einzusetzen, die Regelgeschwindigkeit herabzusetzen.
Innenbehörde sieht "sehr gute Abdeckung" von Tempo 30
Nach Ansicht der Grünen Altona soll Hamburg dieser, wie viele andere deutsche Großstädte, beitreten. Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende sowie die Behörde für Inneres und Sport müssen sich nun mit den Fragen beschäftigen, ob es sinnvoll ist und ob sie der Empfehlung folgen.
Ein Sprecher der Innenbehörde teilte auf Anfrage von t-online mit, dass es schon vor sehr vielen "schützenswerten Einrichtungen" Tempo-30-Strecken eingerichtet worden seien. "Da haben wir in Hamburg schon eine sehr gute Abdeckung."
Bezüglich der Reduzierung der Regelgeschwindigkeit auf 30 km/h heißt es: "Das können wir in Hamburg nicht eigenmächtig entscheiden, sondern muss auf Bundesebene bewegt werden." Innerhalb von sechs Wochen werde die oberste Straßenverkehrsbehörde nun auf den Beschluss reagieren.
- Telefonat mit Benjamin Harders
- Telefonat mit Sprecher der Behörde für Inneres und Sport
- Grüne Altona: "Tempo 30 als Standard vor Kitas, Schulen und Altenheimen"
- Beschluss der Bezirksversammlung Altona: Drucksache 21-3024
- Positionspapier des "Deutscher Städtebund"
- Bundesrat: "Erste Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung"