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Mögliche Patienten-Verlegung nach Hamburg: "Haben Reservebetten, aber keine Reservepfleger"


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Patienten-Verlegung nach Hamburg
"Haben Reservebetten, aber keine Reservepfleger"


20.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Ein Intensivpfleger versorgt einen Covid-19-Patienten auf der Intensivstation: Viele Pfleger arbeiten an der Belastungsgrenze oder darüber hinaus.Vergrößern des Bildes
Ein Intensivpfleger versorgt einen Covid-19-Patienten auf der Intensivstation: Viele Pfleger arbeiten an der Belastungsgrenze oder darüber hinaus. (Quelle: Jan Woitas/dpa)

Die Zahl der freien Intensivbetten sinkt, einige Kliniken stoßen bereits an ihre Grenzen. Auch im Norden wird es enger – die vierte Welle fordert noch einmal alles von den ohnehin belasteten Medizinern und Pflegern.

Schon ohne Pandemie sind die Intensivstationen in den Krankenhäusern belastet, nun trifft sie die vierte Corona-Welle mit voller Wucht: So waren in Hamburg am Samstag 87,8 Prozent der Intensivbetten belegt, in Bremen sogar 98,9 Prozent. Niedersachsen stand am Samstag bei 87,1 Prozent – da ist nicht mehr viel Luft nach oben. Brisant ist dabei auch, dass im Norden zwar mehr als 70 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind, die Infektionszahlen aber dennoch stark steigen.

Elf Prozent der Hamburger Intensivpatienten sind an Corona erkrankt und 6,4 Prozent davon müssen beatmet werden. Die Angaben entstammen dem DIVI-Intensivregister und zeigen klar: Die Belastung ist hoch, die Möglichkeiten sind begrenzt. Dies liegt nicht nur daran, dass zu wenig Intensivbetten zur Verfügung stehen, sondern vielmehr auch an fehlendem Pflegepersonal.

Dennoch sollen nun noch mehr Patienten kommen. Denn Stefan Kluge, Hamburgs führender Intensivmediziner und Leiter der Intensivmedizin im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), berichtete erst kürzlich in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz über bestehende Pläne, die die weitere Umverteilung von schwerkranken Corona-Patienten betreffen. Demnach gehe er davon aus, dass es zu einer Verlegung von Patienten aus dem Süden in den Norden kommen wird.

Hamburger Pflegerin: "Gefühlt geht jeden Monat jemand"

Kluge rechne damit, dass "Patienten aus dem Süden oder Osten quer durch das Land in den Norden gebracht werden." Schon jetzt werden Kranke aus angrenzenden Bundesländern, aber auch aus anderen Ländern wie zuletzt aus Rumänien, in der freien Hansestadt behandelt – das könnte sich weiter potenzieren. Für die Pfleger steigt so die Arbeitsbelastung und damit auch der Frust.

Maria etwa arbeitet als Gesundheits- und Krankenpflegerin auf der Intensivstation des UKE. Sie möchte anonym bleiben. Vor zweieinhalb Jahren hat sie ihre Ausbildung abgeschlossen, dabei war sie auf verschiedenen Stationen im Einsatz. Seit April des vorigen Jahres und somit seit Beginn der Corona-Pandemie arbeitet sie auf der Intensivstation.

Viele Kollegen, die sie kennengelernt hat, sind bereits weg. Sie haben sich aus dem Job verabschiedet. "Diese Flucht aus dem Beruf, die ist in jedem Fall da", schildert Maria. "Gefühlt geht jeden Monat jemand", so ihr Eindruck.

Wut auf die Ungeimpften verspürt Maria jedoch nicht. "Wir lernen, Patienten wertfrei zu behandeln, auch mit Hinblick auf Geschlecht, Lebenseinstellung oder gar Religion. Wir behandeln einen Drogenabhängigen genauso wie einen Familienvater – daher betrachte ich auch die Frage nach dem Impfstatus mit der entsprechenden inneren Distanz", betont sie.

Arbeitsbelastung bei medizinischem Personal seit Langem hoch

Auch Kluge kennt die Belastung der Pflegenden: "Wir haben schon Betten gesperrt, um das Personal zu entlasten", berichtet er. In Hamburg sei die Situation noch beherrschbar. Dennoch sei die Arbeitsbelastung für das Personal sehr hoch und das nicht erst seit kurzer Zeit: "Neben den Corona-Patienten müssen auch andere verunglückte oder schwer erkrankte Patienten versorgt werden", so Kluge. Er hofft auf ein gesellschaftliches Umdenken – auch, um das Personal in den Kliniken weiter zu unterstützen.

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"Es ist in dieser Situation, insbesondere in Regionen mit hoher Infektionsdichte, schwer zu vermitteln, dass Karneval und Weihnachtsmärkte erlaubt werden", so sein Eindruck. Stattdessen wäre es mehr als wichtig, die AHA-Regeln einzuhalten: also Abstand halten, Hygiene-Maßnahmen beachten und auch wieder Masken in geschlossenen Räumen tragen. Dies würde nach Kluges Einschätzung helfen, die Infektionszahlen zumindest zu bremsen.

"Wir sind auch nur Menschen"

Der Frust bei den Pflegenden wächst, so viel ist sicher. Carsten Hermes weiß das. Er ist Pflegewissenschaftler, Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivpflege und Sektionssprecher der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) sowie Mitglied im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBFK). Zu weit geht ihm die Idee, dass Pflegende Wut auf die verspüren, die eben immer noch nicht geimpft sind. "Aber wir sind auch nur Menschen", betont er.

"Wir haben hohe ethische Grundsätze", führt er aus. Jeder, der es benötigt, bekommt seine Versorgung unabhängig vom Impfstatus. Doch teilweise würden Pfleger und Pflegerinnen angefeindet werden. Teilweise würden Angehörige die Krankheit leugnen, auch dann noch, wenn die Patienten schon auf der Intensivstation liegen. Auch durch solche Diskussionen entsteht Stress – und der ist ohnehin vorhanden.

Bis zur Belastungsgrenze und darüber hinaus

"Seit Ausbruch der Pandemie ist der Alltag für alle Menschen stressig. Für die Pflegenden maximiert sich der Stress: Er ist im Beruf präsent und führt in der Freizeit weiterhin zu Einschränkungen – dann fehlt es an Regeneration", so Hermes. Viele stehen an ihrer Belastungsgrenze, manche sind schon drüber hinaus.

Er wird noch deutlicher: "Wir haben zwar Reservebetten, aber wir haben keine Reservepfleger", betont er. Im Gegenteil würden weitere Pflegende dem Beruf den Rücken kehren. Mit Blick auf ungeimpfte Kollegen will Hermes sich nur persönlich, nicht aber als Sprecher, äußern: "Ich sehe die Impfung als Teil der Fürsorgepflicht gegenüber den Patienten."

Verwendete Quellen
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