Hamburg "Roter Filz"? CDU und Linke beantragen Aktenvorlage
CDU und Linke haben wegen des umstrittenen Vergabeverfahrens der SPD-geführten Hamburger Finanzbehörde beim Fintech-Accelerator gemeinsam Aktenvorlage beantragt. "Der Vorwurf von einem erneuten schweren Fall von rotem Filz steht weiterhin im Raum", sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering am Donnerstag. Auch wenn die dubiose Vergabeentscheidung inzwischen wieder rückgängig gemacht worden sei, müssten die Hintergründe des vom Finanzsenator geplanten Neun-Millionen-Auftrags an einen SPD-Genossen umfassend aufgeklärt werden. Der Haushaltsexperte der Linken, David Stoop, betonte: "Der Vorwurf einer Bevorzugung seines Parteifreundes konnte nicht überzeugend ausgeräumt werden und es bestehen weiterhin Zweifel an der Durchführung des Verfahrens."
Die SPD-Fraktion sprach dagegen von konstruierten Vorwürfen. Im Haushaltsausschuss habe sich am 11. Januar bestätigt, dass die Vergabe sich an Recht und Gesetz gehalten habe, sagte der SPD-Haushaltsexperte Milan Pein. "Anders als die CDU behauptet, war eine europaweite Ausschreibung eben nicht gesetzlich vorgeschrieben." Umso bedenklicher seien die wider besseres Wissen erhobenen Vorwürfe eines rechtswidrigen Verhaltens gegen den Senator und die Verwaltung. Wer Fakten ignoriere und immer wieder mit gespielter Empörung nicht belegbare Behauptungen aufstelle, verliere seine eigene politische Glaubwürdigkeit, sagte Pein.
Ursprünglich wollte die Finanzbehörde einen sogenannten Accelerator an den Start bringen, mit dem Finanz-Startups nach Hamburg gelockt werden sollten. Dazu vergab sie ohne Ausschreibung eine Förderung von neun Millionen Euro an den sozialdemokratischen Geschäftsführer des Unternehmens Next Media Accelerator (NMA), Nico Lumma. Davon sollten 1,3 Millionen an NMA selbst und 7,7 Millionen an die angelockten Unternehmen gehen. Nach heftigen Protesten nahm die Finanzbehörde dann den Auftrag wieder zurück. Als Begründung gab SPD-Finanzsenator Andreas Dressel an, dass die Suche nach privaten Co-Investoren durch die Debatte um das Vergabeverfahren erheblich erschwert worden sei.
SPD-Mitglied Lumma gilt als Digitalexperte. Er gehört zur medien- und netzpolitischen Kommission des SPD-Parteivorstands. Zudem sitzen Dressel und Lumma gemeinsam im Verwaltungsrat der Kasse Hamburg.
Ein Antrag zur Vorlage sämtlicher Akten, Vorgänge und Verträge, die mit der Vorbereitung, Auswahl und Vergabe des geplanten FinTech-Accelerators in Zusammenhang stehen, werde für die nächste Bürgerschaftssitzung am 16. Februar eingereicht, kündigte Thering an. Nach der Rücknahme des Auftrags verzichte der rot-grüne Senat nun gänzlich auf einen Fintech-Accelerator. "Die fragwürdige und fehlerhafte Vergabe geht somit bedauerlicherweise zulasten der wirtschaftlichen Entwicklung des Standortes Hamburg."