Hamburg Arbeitszeitangleichung kommt voran: Teils zähes Ringen
Die 35-Stunden-Woche in der Metall- und Elektroindustrie wird in immer mehr Betrieben im Osten schrittweise Realität. Inzwischen gibt es für 67 Prozent der Unternehmen in den den Gewerkschaftsbezirken Berlin, Brandenburg und Sachsen entsprechende Vereinbarungen, wie die IG Metall auf Anfrage mitteilte. Das sind 7 Prozentpunkte mehr als noch im Dezember. Doch teilweise hakt es bei den Verhandlungen.
Zu den Konzernen mit Vereinbarungen zur stufenweisen Senkung auf 35 Stunden gehören laut Gewerkschaft Volkswagen Sachsen mit allen drei Standorten in Zwickau, Chemnitz und Dresden. Auch bei BMW und Porsche in Leipzig, ZF Getriebe in Brandenburg an der Havel, bei SAS in Meerane, Otis oder Schindler sei der Weg zur schrittweisen Absenkung beschlossen. "Zuletzt kam kurz vor Weihnachten als großes Unternehmen Mercedes in Ludwigsfelde hinzu", hieß es weiter. "Dort arbeiten die rund 2000 Beschäftigten bereits seit Anfang Januar 36 Stunden die Woche und damit zwei Stunden weniger als zuvor."
Noch nicht abgeschlossen seien die Verhandlungen hingegen unter anderem bei Airbus, MTU, Rolls Royce Bosch und Siemens. Und gerade bei Siemens scheint es in den Gesprächen zu haken. "Die Vorstellungen auf Firmenseite bleiben bisher hinter allem zurück, was wir schon bei vielen anderen Firmen vereinbart haben", kritisiert der Unternehmensbeauftragte der IG Metall, Hagen Reimer. "Gerade Siemens sollte bei der Angleichung der Arbeitszeit schwungvoll vorangehen, anstatt sich weiter von anderen Unternehmen überholen zu lassen", fordert er - auch mit Verweis auf die gute wirtschaftliche Lage der Münchner.
"Hier geht es nicht um ein paar Tausend Euro, sondern um Gerechtigkeit und Gleichbehandlung", betont Reimer. Bis heute gebe es Betriebe in Berlin, "in denen die Leute jede Woche drei Stunden mehr arbeiten, als ihre Kollegen ein paar Straßen weiter. Das kann man niemandem erklären, und schon gar nicht Beschäftigten, die beim Fall der Mauer noch nicht einmal geboren waren."
Von Siemens heißt es dazu, man bekenne sich zu den Regelungen im Flächentarifvertrag. Deren Anwendung zur Angleichung bei Siemens sei "eine Herausforderung für jeden unserer Siemens-Betriebe in den östlichen Bundesländern, denn es geht um die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und damit der Beschäftigung". Eine Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden gehe auch mit Kostensteigerungen einher. "Daher muss in den Betrieben eine Lösung zur Kompensation gefunden werden." Dazu verhandle man mit den Betriebsräten. Weiter wolle man sich nicht äußern, heißt es vom Konzern. "Es ist uns wichtig, diese Gespräche mit den Beteiligten direkt und nicht über die Öffentlichkeit zu führen."
Um die unterschiedlichen Arbeitszeiten in der Metall- und Elektroindustrie zwischen Ost und West wurde Jahrzehnte gerungen. Bei den Tarifverhandlungen im vergangenen Jahr einigten sich die IG Metall und die Arbeitgeber schließlich auf eine Öffnungsklausel im Flächentarifvertrag. Diese ermöglichte es den Betriebsräten, auf betrieblicher Ebene eine schrittweise Absenkung der Arbeitszeit ab diesem Jahr auszuhandeln.
Die Regelung sieht eine stufenweise Reduzierung vor. Dafür soll eine zeitlich befristete Teilkompensation möglich werden: Beschäftigte müssten dann für einige Zeit beispielsweise auf einen Teil ihres Weihnachts- oder Urlaubsgelds verzichten. Ausgehandelt hatten diesen Weg die IG-Metall-Bezirke Berlin, Brandenburg und Sachsen mit den jeweiligen Arbeitgeberverbänden. Inzwischen ist das Modell auch für Sachsen-Anhalt und Thüringen übernommen worden.
Die Arbeitgeberverbände äußern sich zur Umsetzung der Regelung deutlich zurückhaltender. "Auf der Grundlage der Tarifeinigung hat es in mehreren Unternehmen unseres Verbandsgebiets bereits Gespräche gegeben", teilte etwa die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) auf Anfrage mit. "Aus unserer Sicht ist es entscheidend, dass hier passgenaue und individuelle Lösungen für die Arbeitsbedingungen und für die Wettbewerbsfähigkeit gleichermaßen gefunden werden."