Sturmtief "Zeynep" Hochwasser in Hamburg reicht bis an die Höhe vieler Brücken
Sturmtief "Zeynep" hält Hamburg fest im Griff. 654 Mal rückte die Feuerwehr in der Nacht aus. Unser Reporter schildert seine Eindrücke.
"Droht zu fallen." Dieser Satz prägt die Sturmnacht in Hamburg. Dabei sind es nicht immer die ganz großen und spektakulären Einsätze. Gegen 17.30 Uhr werden Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Altona in die Paul-Roosen-Straße in Hamburg St. Pauli gerufen. Hier drohen Dachziegel vom Dach zu fallen.
Die Einsatzkräfte stellen eine Leiter an die Hauswand, die von drei Feuerwehrleuten gesichert wird. Ein junger Feuerwehrmann klettert auf die Leiter und nimmt den Ziegel vom Dach. Nach einem kurzen "Achtung!" lässt er den Ziegel fallen, der am Boden zerspringt.
Öffentlicher Nah- und Fernverkehr in Hamburg weitestgehend eingestellt
Der U-Bahnverkehr wird gegen 21.30 Uhr eingestellt. Nur einzelne unterirdische Streckenabschnitte werden befahren. Fahrgäste sollen auf Busverbindungen ausweichen. Auch der Regional- und Fernverkehr ist im ganzen Norden eingestellt.
Am Hamburger Hauptbahnhof können gestrandete Fahrgäste in Zügen warten, bis der Verkehr wieder aufgenommen wird. "Hotelzug" steht auf einem Regionalzug, der zum Aufenthalt bereitsteht. Einzelne Nahverkehrslinien zum Beispiel in Richtung Lüneburg und Bremen werden durch Busse ersetzt. Auch der S-Bahnverkehr ist im Laufe der Nacht in den Hamburger Außenbezirken teilweise ersatzlos eingestellt.
Auf St. Pauli wird gefeiert – bis zur Sperrstunde
Einige Restaurants und Bars in der Sternschanze und auf St. Pauli sind am Freitagabend gut besucht – aber nur bis 23 Uhr, dann greift die Sperrstunde, die in Hamburg wohl noch bis Samstag gilt. Die Straßen sind für einen Freitagabend ziemlich leer.
Auch auf der Elbinsel sorgt der Sturm für Einsätze. Gegen ein Uhr werden die Einsatzkräfte ins Reiherstiegviertel gerufen. Ein großer Ast ist von einem Baum abgebrochen und hat eine Garage und ein parkendes Auto beschädigt. Die Feuerwehrleute zersägen den Ast und befreien das Auto.
Glück im Unglück: Der Wind kommt aus Nordost
Schon am Abend ist eine Sturmflut angekündigt, Höhepunkt des Hochwassers soll um 5.30 Uhr sein (Anm. d. Red.: Die Annahme bestätigte sich am Morgen). Schon mehr als eine Stunde vorher steht das Wasser am Ernst-August-Deich auf der Straße. Das Fluttor ist geschlossen, ein ehrenamtlicher Deichwart kontrolliert den Deichabschnitt. Es ist nicht die höchste Sturmflut, die er in seinen 25 Jahren Engagement miterlebt, aber bis zu den Fenstern des Wohnhauses wird das Wasser wohl steigen, erzählt er.
"Wir haben Glück, dass der Wind nicht direkt aus Nordost kommt, sonst hätten wir noch mal gut einen Meter mehr." An den Türen stehen kleine Wände, die verhindern sollen, dass Wasser eindringt. Die Bewohner stehen im Treppenhaus und auf den Balkonen und warten ab, was geschieht.
Einsetzender Hagel fühlt sich wie tausend kleine Nadeln an
Es fängt an zu gewittern, Blitze in der Ferne, gefolgt von lautem Donnern. Das Wasser tritt auch am Klütjenfelder Deich teilweise über den ersten Teil des Deichs und setzt den Eg unter Wasser. Der einsetzende Hagel fühlt sich an wie tausend kleine Nadeln, die der Wind an jede freie Hautstelle weht. Innerhalb weniger Minuten werden die Harburger Chaussee und der Deich in sanftes Weiß getaucht.
Gegen 5 Uhr steht am Flutschutztor in Veddel das Wasser so hoch, dass man das Gefühl bekommt, die S-Bahn-Station liege im Wasser. Auch in der Hafencity sind einzelne Wege überflutet. Kurz nach dem Hochwasser reicht der Pegel der Elbe genau bis zu der Höhe vieler Brücken.
Allein in Hamburg sei die Feuerwehr bis zum frühen Samstagmorgen 654 Mal ausgerückt, sagte ein Sprecher. Meist handelte es sich dabei um umgekippte Bäume, Schilder und Zäune, aber auch umherfliegende Dach- und Fassadenteile forderten die Einsatzkräfte. Mehrere Autos wurden vom Hochwasser weggespült. Zwei Menschen wurden von der Feuerwehr per Schlauchboot aus ihrem im Wasser treibenden Auto gerettet. Die Elbe hatte den Bereich überschwemmt.
- Eigene Recherchen
- Mit Material der dpa