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Hamburg: Wie gefährlich ist Hochwasser für die Hafencity und die Speicherstadt?


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Vor der Flut ist nach der Flut
Wie gefährlich ist Hochwasser für die Hamburger Hafencity?


24.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Der Fischmarkt in Hamburg steht unter Wasser (Symbolbild): Bereits zehn Sturmfluten haben die Hansestadt in diesem Jahr erreicht.Vergrößern des Bildes
Der Fischmarkt in Hamburg steht unter Wasser (Symbolbild): Bereits zehn Sturmfluten haben die Hansestadt in diesem Jahr erreicht. (Quelle: Westend61/imago-images-bilder)

Fast wie eine Attraktion zieht das Hochwasser auf dem Hamburger Fischmarkt regelmäßig die Bürger an. Die umliegenden Geschäfte erreichen diese dabei nicht. Kann das Wasser sogar zur Gefahr für den Stadtteil werden? t-online hat mit Fachleuten gesprochen.

Erst "Ylenia", dann "Zeynep" und "Antonia": Allein in den vergangenen Wochen standen Teile Hamburgs direkt mehrfach hintereinander unter Wasser. Die erste sehr schwere Sturmflut seit dem Jahr 2013 suchte die Hafenstadt heim. Das Wasser stieg auf mehr als 3,5 Meter über dem mittleren Hochwasser. Die Feuerwehr war im Dauereinsatz und rückte tausendfach aus.

Betroffene sind froh, dass das Schlimmste jetzt überwunden ist. Eine davon ist Iris Ehlert vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. Sie hat nun Zeit, durchzuatmen: "Die Serie ist erst mal vorbei." Aber dabei soll es nicht bleiben.

Hamburg: Schwere Sturmfluten alle vier Jahre

"Schon im März könnte es weitergehen", weiß die promovierte Ozeanographin. Im sonst üblichen Durchschnitt gebe es etwa fünf Sturmfluten – in diesem Jahr waren es allein in zwei Monaten bereits zwölf. "Wir sind abhängig von den atmosphärischen Bedingungen", so Ehlert. Langfristige Vorhersagen seien nur schwierig aufzustellen. Maximal einige Tage im Voraus können die Experten vom Bundesamt weitere Sturmfluten ankündigen.

Wetterphänomene rufen häufig Klimaaktivisten auf den Plan. Einen Zusammenhang zur Klimakrise kann Ehlert zum aktuellen Zeitpunkt jedoch weder bestätigen noch negieren – aber sie hat Erfahrungswerte. "Schwere Sturmfluten haben wir etwa alle vier Jahre, sehr schwere alle 34 Jahre", schildert Ehlert einige Zahlen. Eines weiß sie jedoch sehr sicher: Die vergangenen Tage waren anstrengend, der Fischmarkt war regelmäßig überschwemmt und sie und ihre Kollegen waren 24 Stunden im Dauereinsatz.

Hochwasser vertreibt Kundschaft rund um den Hamburger Fischmarkt

Direkt von der Flut betroffen sind die Geschäftsleute, die rund um den Fischmarkt ihr Zuhause haben. Zwar haben viele das Glück, dass das Wasser keine direkten Schäden verursacht hat – aber die Kunden fehlen. "Wir sind direkt am Fischmarkt, haben aber zum Glück keine Wasserschäden", schildert etwa Dirk Matthäi von der Karl Niehusen GmbH & Co. KG, Inh. Susanne Matthäi.

Massiv betroffen sei das Unternehmen aber durchaus, denn die Polizei habe den ganzen Bereich abgeriegelt. "Selbst mit Notausweisen kommt man nicht durch", so der Geschäftsmann. So etwas habe er noch nie erlebt, die Zuwege seien jetzt das Hauptproblem. "Wir sitzen auf dem Trockenen, was unsere Kundschaft angeht", sagt er.

"Der Keller läuft voll, aber das Geschäft ist höher gelegen"

Verbesserungen wären nur in Sicht, wenn die Stadt bauliche Veränderungen durchführen würde. "Die zweite Durchfahrt ist seit Jahren nur noch für Fußgänger geöffnet", kritisiert er. Auch Ruben (Nachname ist der Redaktion bekannt) vom BoConcept Hamburg am Fischmarkt bestätigt: "Es kommen Fußgänger, aber ansonsten fast keine Kunden". Das Gebäude und der Laden seien nicht von Wasserschäden betroffen. "Der Keller läuft voll, aber das Geschäft ist höher gelegen", so Ruben.

Bisher immer vom Wasser verschont geblieben ist auch der Feinkostmarkt "Frische Paradies" an der Großen Elbstraße 201. "Wir haben aber das Problem, dass weniger Kunden kommen, weil viele denken, sie kämen nicht zu uns durch", berichtet eine Mitarbeiterin, die nicht namentlich erwähnt werden möchte. Sie hat einen Tipp: "Über die Kaistraße erreicht man uns immer". Seit sechs Jahren arbeitet sie im Feinkostmarkt, das Wasser sei in all der Zeit nicht bis zum Laden gekommen.

Händler nach Corona-Zwangspause wieder aktiv

Klaus Moritz, einer der Organisatoren des Hamburger Fischmarktes, hat die Sturmflut beobachtet. Zwar wurde der eigentliche Fischmarkt überschwemmt, aber für die Händler war das Wasser kein Thema: "Wir sind momentan auf einer Containerfläche und die ist zwei Meter höher als die sonst übliche Fläche", erklärt Moritz. Insofern sei alles kein Problem. "Aber die schweren Orkanböen, die haben natürlich den Verkauf erschwert", berichte er.

"Fischmarktprofis schauen vorher, wie hoch das Wasser ist", fügt Moritz hinzu. Und ganz unabhängig von der Sturmflut sei er froh, dass es nach der langen Corona-Zeit nun langsam wieder deutlich voller auf dem sonntäglichen Fischmarkt werde. Schon jetzt gehe der Trend wieder zu mehr Besuchern. 14 Monate war der Publikumsmagnet in der Zwangspause, seit Mitte des vergangenen Jahres konnten die Händler wieder aktiv werden.

Ist die Bausubstanz der Hafencity in Gefahr?

Doch was ist, wenn das Wasser bis zu den Gebäuden vordringt? Wie sieht etwa die Zukunft der jungen Hafencity aus? Das wissen zum Beispiel die Mitarbeiter der Hamburger Umweltbehörde. "Seit den Erfahrungen mit der Sturmflut 1962 baut Hamburg seinen Hochwasserschutz konsequent aus", so ein Sprecher. Damals wütete die schlimmste Sturmflut der Stadtgeschichte. Seitdem wurden Deiche verstärkt.

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Im Zuge dieser Bauprogramme wurden die Deiche um im Durchschnitt 2,5 Meter auf 7,50 bis 9,25 Meter über Normalhöhennull (NHN) erhöht. Damit nicht genug: Auch aktuell laufe ein neues Bauprogramm, das die Deiche um einen weiteren knappen Meter auf 8,30 bis 10 Meter über NHN erhöhen werde, führt der Sprecher aus. Alle Bauwerke seien also so ausgerichtet, dass sie einer Sturmflut standhalten könnten, die noch weit größer ist als alle, die Hamburg bisher erreicht haben – das sieht schon mal gut aus.

Verändertes Klima und Anstieg des Meeresspiegels bringen weitere Fluten

Mit Blick auf die Zukunft geht die Stadtverwaltung davon aus, dass es weitere und schlimmere Fluten geben werde. "Es ist unstrittig, dass aufgrund klimabedingter Veränderungen zukünftig von einer Beschleunigung des regionalen Meeresspiegelanstieges auszugehen ist, der auch Auswirkungen auf die Sturmflutwasserstände in Hamburg haben wird", berichtet der Sprecher der Umweltbehörde weiter.

Michael Pollmann, Staatsrat für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft, hatte jüngst folgenden Zusammenhang betont: "Weil weltweit bislang viel zu wenig für den Klimaschutz getan wurde, wird der Meeresspiegel noch für lange Zeit weiter ansteigen." Daher werde Hamburg die Hochwasserschutzanlagen konsequent ausbauen müssen.

Schutzanlagen für besonders gefährdete Bereiche

Die Hamburger sind Wasserprofis. Dementsprechend wird auch die Hafencity, Hamburgs neuer Stadtteil, durch entsprechende Hochwasserschutzanlagen geschützt. Das Zauberwort lautet hier: Warften.

Warften sind aufgeschüttete Hügel, auf denen eine Siedlung im Marschgebiet vor steigendem Wasser geschützt ist. In der Hafencity wird diese Warft durch neue Straßen auf einem erhöhten Niveau von 7,8 bis 8,5 Meter über NHN hergestellt. Die Bauweise gilt als traditionelles Siedlungsmuster im Nordseeraum und als Alternative zum Deich – und als Schutz für alle, die hier wohnen und arbeiten.

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Iris Ehlert, Dirk Matthäi, Ruben (Nachname ist der Redaktion bekannt), Michael Pollmann, Klaus Moritz
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