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HSV: So wild war die Amtszeit von Finanzvorstand Thomas Wüstefeld


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Immer mehr Vorwürfe
So wild war die Zeit von Wüstefeld beim HSV


29.09.2022Lesedauer: 5 Min.
Ex-Finanzvorstand Thomas Wüstefeld: Seine Zeit beim Hamburger SV ist vorbei.Vergrößern des Bildes
Ex-Finanzvorstand Thomas Wüstefeld: Seine Zeit beim Hamburger SV ist vorbei. (Quelle: Oliver Ruhnke/imago-images-bilder)

Der Medizinunternehmer Thomas Wüstefeld ist als Vorstand beim HSV Geschichte. t-online wirft einen Blick zurück auf seine fast zehnmonatige Amtszeit.

Seit Januar 2022 war Thomas Wüstefeld Vorstand des Hamburger SV. Sein Aufstieg beim einstigen Bundesliga-Dino kann sich sehen lassen: Im Oktober vergangenen Jahres übernahm er 5,11 Prozent der Anteile an der HSV Fußball AG von Unternehmer Klaus-Michael Kühne. Im November stieg der 53-Jährige dann zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats auf – und nur zwei Monate später gelang ihm der große Sprung.

Als Nachfolger des ehemaligen Finanzvorstandes Frank Wettstein wurde Wüstefeld "ins operative Führungsgremium zu Jonas Boldt" entsendet, wie es seinerzeit in einer Pressemitteilung des HSV hieß. Für ein Jahr sollte er in seiner Funktion die Bereiche Finanzen, Marke, Organisation, Infrastruktur, Sponsoring, Digitales, IT und Marketing übernehmen.

HSV: Wüstefeld sorgt für positive Schlagzeilen

Zunächst sorgte der neue HSV-Vorstand mit der Aussage für Aufsehen, dass er kein Gehalt kassiere. Er lasse sich seine "Tätigkeit für den HSV nicht vergüten, ich arbeite pro bono", sagte der Manager in einem auf der Homepage des Traditionsklubs veröffentlichten Interview.

Im März zog Wüstefeld dann einen neuen Hauptsponsor an Land: HanseMerkur. Dass das Hamburger Unternehmen in den weiteren Planungen des Finanzvorstandes eine größere Rolle spielte, sollte sich später zeigen. Rund drei Millionen Euro pro Saison soll der Deal dem Zweitligisten einbringen.

Im selben Monat verkaufte die HSV Fußball AG ihre letzten verfügbaren Gesellschaftsanteile in Höhe von 1,42 Prozent an die AMPri Handelsgesellschaft mbh. Dafür erhielt der HSV noch einmal zwei Millionen Euro ein. Alles Geld, das die klammen Hanseaten dringend gebrauchen konnten – und dem 53-Jährigen viel Lob einbrachte.

Stadionsanierung wird zum Stolperstein für Wüstefeld

Doch nur zwei Monate später kamen die ersten Probleme auf. So stellte sich im Mai heraus, dass dem Verein Geld für die Renovierung seines Volksparkstadions für die Fußball-EM 2024 fehlt. Insgesamt wird der Sanierungs- und Modernisierungsbedarf inzwischen auf bis zu 40 Millionen Euro geschätzt.

23,5 Millionen Euro davon hatte die Stadt Hamburg dem Verein eigentlich 2020 für den Verkauf des Stadionsgrundstücks überwiesen. Das Problem: Davon sollen nur noch rund acht Millionen Euro vorhanden sein. Die Hansestadt ist darüber hinaus nicht bereit, einen weiteren Beitrag für die Stadionsanierung zu leisten.

Machtkampf und erste Vorwürfe gegen Wüstefeld

Kurz nach dem verpassten Wiederaufstieg in die Bundesliga kamen außerdem Gerüchte über einen drohenden Machtkampf in der Führungsebene auf – im Mittelpunkt: Wüstefeld und Sportvorstand Jonas Boldt. Dem widersprach Marcell Jansen, Präsident des HSV e.V., jedoch schnell und betonte, dass "es nur um den HSV geht und persönliche Befindlichkeiten keine Rolle spielen". Im gleichen Zug sprach er beiden Vorständen sein "absolutes Vertrauen aus".

Wie das mit Vertrauen aber manchmal ist, sollte man damit vorsichtig sein. Diese Erfahrung dürfte auch Jansen gemacht haben, als Ende Juni schwere Vorwürfe gegen den Finanzvorstand erhoben wurden. Das "Hamburger Abendblatt" berichtete, dass eine Medizintechnik-Firma einen zweistelligen Millionenbetrag von Wüstefelds Firma Medsan fordern soll. Dabei ging es um die Lieferung von PCR-Testgeräten, die nicht im vollen Umfang geleistet worden sein soll.

Nicht nur in den Medien, sondern auch gegenüber seinem Arbeitgeber wies der 53-Jährige die Anschuldigungen umgehend zurück. HSV-Präsident Jansen betonte anschließend: "Wir als Aufsichtsrat sind uns einig, dass von allen Seiten noch weitere Fakten zusammengetragen werden müssen, ehe wir die nächsten Schritte einleiten können."

Immer mehr Anschuldigungen gegen HSV-Vorstand

Fakten sollte der Aufsichtsrat in den nächsten Wochen und Monaten bekommen. Im August berichteten der "Spiegel" und das "Hamburger Abendblatt" von Anzeigen gegen den Unternehmer. Das Medizintechnik-Unternehmen "V.M." aus Schleswig-Holstein warf ihm schweren Betrug vor, nachdem seine Firma Medsan nur 28 von 2.000 bestellten PCR-Geräten geliefert haben soll.

In dem zweiten Fall bezichtigte eine renommierte Pharmafirma Wüstefeld der schweren Untreue. Hier soll es laut "Spiegel" um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag gegangen sein. In allen Fällen behauptete Wüstefeld, dass seine Firma vielmehr Forderungen gegen diese Unternehmen habe.

Im selben Monat sorgte der HSV-Boss außerdem mit der Aussage für Aufsehen, dass er seinen millionenschweren Einstieg beim HSV bereue. Weiter hieß es, dass Wüstefeld Klaus-Michael Kühne sogar verklagen wolle. Eine Rolle dürfte dabei das Angebot des Investors zur finanziellen Unterstützung des Vereins in Höhe von 120 Millionen Euro gespielt haben. Dieses war an mehrere Bedingungen geknüpft, im Zuge dessen sich Kühne auch gegen Wüstefeld stellte, nachdem er in den Monaten zuvor noch voll des Lobes für den neuen Vorstand gewesen war.

Wüstefeld versucht, für positive Schlagzeilen sorgen

Auch das Thema Stadionsanierung kam wieder auf. Die Versicherungsgruppe HanseMekur kündigte an, dem Zweitligisten einen Kredit zur Finanzierung des Vorhabens gewähren zu wollen. Vorausgesetzt, der HSV bringe einen Bürgen. Die Stadt signalisierte jedoch keine Bereitschaft, für die Summe einzustehen. Also zauberte Wüstefeld plötzlich eine andere Lösung aus dem Hut.

In einem Interview mit der "Bild" sagte Wüstefeld, dass durch gestiegene Zuschauereinnahmen die Fremdfinanzierung für die Stadionsanierung verringert und der Eigenanteil erhöht werden könne. Die Rothosen würden dadurch deutlich mehr Geld in die Kasse bekommen als erwartet. Der Finanzboss legte dem Haushaltsausschuss der Stadt seine Pläne vor – erhielt jedoch abermals eine Abfuhr.

Gleichzeitig sorgte der 53-Jährige mit Plänen für Aufsehen, rund um den Volkspark ein bis zu 200 Millionen Euro teures Großprojekt umsetzen zu wollen. Wie das "Hamburger Abendblatt" berichtete, sollen neben der HSV-Arena eine "Volkspark-Plaza" für 12.000 Menschen und ein 25-stöckiges Hochhaus entstehen. Sogar potenzielle Investoren gebe es bereits.

Gerüchte um illegale Geschäfte mit Arzneimitteln

Der Versuch, für positive Schlagzeilen zu sorgen, hielt jedoch nicht lange an. Im September kam ein Bericht über angeblich illegale Geschäfte Wüstefelds mit Arzneimitteln auf. Konkret ging es um Cannabis-Produkte, die zurückgerufen wurden. Die Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz habe sich sogar eingeschaltet, hieß es.

Wüstefeld dementierte jedoch: "Ich kann Ihnen versichern, dass da nichts dran ist", sagte der Finanzvorstand des Fußball-Zweitligisten der Deutschen Presse-Agentur. "Dahinter steckt eine Kampagne von Wettbewerbern."

Zweifel an Titeln von Wüstefeld

Gleichzeitig kamen Zweifel an seinen Doktor- und Professor-Titeln auf. Wie das "Abendblatt" schreibt, finde sich keine Promotion oder Lehrtätigkeit von Wüstefeld in Datenbanken. Zwar gebe es in Deutschland kein Register, in dem alle verliehenen Doktor- oder Professorenwürden verzeichnet sind, aber in der Regel hinterlasse eine längere akademische Karriere zumindest auch digitale Spuren, sagt eine leitende Mitarbeiterin der Universität Hamburg der Zeitung. Bei dem 53-Jährigen gebe es jedoch keinerlei klare Spuren der akademischen Qualifikation – aber auch keine Hinweise auf Betrug.

Weil zuletzt immer wieder neue Vorwürfe gegen den Unternehmer bekannt wurden, trat er am Mittwoch als Finanzchef und Aufsichtsrat des HSV zurück. Der Aufsichtsrat akzeptierte die Entscheidung und beschloss, dass Sportvorstand Boldt "vorerst als alleiniger Vorstand die operativen Geschäfte des HSV leiten wird".

Verwendete Quellen
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