Landgericht Flensburg Baby auf Sylt tot geschüttelt – Vater verurteilt
Ein vier Monate altes Baby stirbt an einem Schütteltrauma, nachdem der Vater auf es aufgepasst hat: Totschlag, urteilt das Gericht.
Im September 2016 starb ein vier Monate altes Baby in Westerland auf Sylt: Der Säugling war offensichtlich zu Tode geschüttelt worden. Nun verurteilte das Landgericht Flensburg den Vater des Jungen zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren. Der 52-Jährige wurde des Totschlags schuldig gesprochen. Aufgrund einer mehrjährigen Verfahrensverzögerung gelten sechs Monate der Strafe bereits als verbüßt.
Damit folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Er werde sehr wahrscheinlich in Revision gehen, sagte der Anwalt des Angeklagten nach der Verhandlung zu Pressevertretern.
Der angeklagte Pole, der auf Sylt lebte, habe vom 4. bis 6. September 2016 jeweils tagsüber auf seinen Sohn aufgepasst, weil dessen Mutter arbeiten musste, sagte der Vorsitzende Richter. Das Paar sei zu dem Zeitpunkt getrennt gewesen. Eine andere Betreuungsmöglichkeit habe die Mutter nicht gehabt, und der Mann habe angeboten, auf seinen Sohn aufzupassen.
Baby auf Sylt mit viel Kraft geschüttelt
Sehr wahrscheinlich am 6. September am späten Nachmittag hatte der Angeklagte nach Auffassung des Gerichts dann das Baby mit so viel Kraft geschüttelt, dass es ein Schütteltrauma erlitt, an dessen Folgen es starb. "Der Junge fehlt mir sehr. Mein Herz ist gebrochen", sagte der nun Verurteilte dazu am letzten Verhandlungstag – mehr dazu lesen Sie hier.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von neun Jahren wegen Totschlags gefordert. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch: Der Tatnachweis sei nicht geführt. Für den Fall einer Verurteilung kommt seiner Auffassung nach allenfalls eine wegen fahrlässiger Tötung in Betracht.
Vater des Babys stand von Anfang an unter Verdacht
Die Mutter des getöteten Babys hatte angegeben, während des Vorfalls nicht zu Hause gewesen zu sein. Mehr dazu lesen Sie hier. Der Vater des Kindes hatte von Anfang an unter Verdacht gestanden. Er wurde allerdings nicht sofort verhaftet, weil keine ausreichenden Haftgründe vorlagen.
Das hatte sich im vergangenen Jahr geändert, als dem Angeklagten Ladungen unter seiner Anschrift in Polen nicht mehr zugestellt werden konnten. Das Gericht war deswegen von Fluchtgefahr ausgegangen und habe im Mai 2022 einen Haftbefehl erlassen. Im Juni wurde er schließlich in einer Wohnung in Slupsk westlich von Danzig festgenommen – mehr dazu lesen Sie hier. Deshalb kam es erst jetzt zum Prozess.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherchen