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Hamburg | So schmuggelte Jason B. monatelang Drogen in den Knast


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Dealer Jason B. packt aus
Er schmuggelte Drogen in Körperöffnungen in den Knast


Aktualisiert am 09.05.2023Lesedauer: 4 Min.
Jason Büchel hat Drogen in den Knast geschmuggeltVergrößern des Bildes
Jason B.: Er hat Drogen in den Knast geschmuggelt. (Quelle: t-online)

Eigentlich sollten Straftäter die Zeit im Gefängnis nutzen, um auf den rechten Weg zu kommen. Viele von ihnen machen aber da weiter, wo sie vorher aufgehört haben. Mit Drogen- und Waffenhandel.

Am vergangenen Donnerstag, den 4. Mai, war es so weit. Die Männer des Landeskriminalamtes in Hamburg stürmten das deutschlandweit bekannte Gefängnis "Santa Fu" im Stadtteil Fuhlsbüttel. t-online berichtete über die Razzia.

Ausgelöst hatte die Razzia Jason B., der zunächst mehrere Monate lang Drogen in die JVA geschmuggelt, doch dann seine Kollegen verpfiffen hatte. Mit t-online hat er darüber gesprochen, wie man 1,5 Kilogramm Kokain in ein Hochsicherheitsgefängnis bringt.

Die Polizei stellte bei den Beschuldigten 200 Gramm Marihuana, ein Pistolenmagazin, mehrere Schuss scharfe Munition sowie eine Vielzahl an Kommunikationsmitteln sicher. Auch Equipment zum Betreiben einer Indoor-Cannabisplantage fanden die Ermittler.

B. hatte zumindest die Drogen geliefert. Er selbst saß im Gefängnis wegen mehrfachen Betruges, war als "größter Hochstapler Hamburgs" bekannt. Doch wie konnte jemand wie er dann die verbotenen Substanzen schmuggeln?

"Es war bekannt, dass ich schwul bin"

Er sagt, er habe viele Ausgänge gehabt, konnte die JVA also zeitweise verlassen. Das ist für manche Häftlinge vorgesehen, schließlich dient das Gefängnis der Resozialisierung und soll die Insassen auf die Zeit nach Verbüßung ihrer Strafe vorbereiten. Doch Jason B.nutzte die Zeit offenbar nicht dafür, sich von der Kriminalität zu lösen. Er sagt: "Es war bekannt, dass ich schwul bin. Ich habe kein Problem damit, mir Dinge einzuführen."

Immer wieder hätten kriminelle Mitinsassen ihn gebeten, Drogen mit ins Gefängnis zu bringen – darunter auch bekannte Drogenhändler wie Mehmet S., der wegen Handels mit 3,5 Tonnen Kokain eine mehrjährige Haftstrafe absitzt. Irgendwann sei der Druck so groß geworden, dass er nachgegeben habe.

Er trifft t-online gut zwei Wochen vor Razzia

Die Auftraggeber hätten in nicht gezwungen oder bedroht, sondern mit Missachtung gestraft, wenn er abgelehnt habe. Das habe er irgendwann nicht mehr ausgehalten, sagte er t-online schon mehrere Tage vor der Razzia.

Das Treffen fand an einem geheimen Ort in Norddeutschland statt. Dabei zeigte er auch Screenshots von Chatverläufen mit unter anderem Mehmet S. Der inhaftierte Drogenboss habe illegaler Weise ein Handy gehabt und Verabredungen außerhalb der JVA abgemacht. Jason B. sollte sich dann mit den Geschäftspartnern von S. treffen und die Drogen ins Gefängnis bringen. Und so sei es dann auch geschehen.

"Erst mal waren es 6 Gramm Gras, dann zweimal 100 Gramm", erinnerte er sich. "Dann habe ich es immer wieder gemacht." Getroffen habe er sich mit den Drogenkurieren an teilweise hochfrequentierten Orten. t-online liegt ein Chat vor, der einen Deal im Hamburger Stadtteil Langenhorn dokumentiert.

"Schaffst du 14:30 Uhr Burger King Langenhorn?", schreibt der Dealer.

"Neben Bestellterminal. Hast du mich nicht gesehen?"

"Ich stand als Du bestellt hast neben dir"

"Ok, soll ich kommen?"

"Mach gern, klar"

Oder in einem anderen Chat: "Bro, Du musst aber allein sein. Kein Bock auf Theater. Letzte Mal hat mir gereicht, war knapp genug."

So dreist war Jason B.

Wie dreist B. war, erzählte er t-online im Gespräch: "Teilweise habe ich Drogen gedealt, während die Justizbeamten dabei waren." Die Beamten begleiteten ihn nach eigenen Angaben bei einigen Freigängen. Also musste er kreativ werden. So verabredete B. sich mit den Händlern teilweise auf öffentlichen Toiletten. Die Übergabe fand dann dort statt und Jason B. führte sich die verpackten Drogen rektal ein.

Die Justizbeamten hätten die ganze Zeit vor der Tür gestanden und davon offenbar nichts mitbekommen. Seine Bezahlung holte er angeblich direkt im Anschluss bei der Bank von seinem Konto ab. Unter Aufsicht der Beamten.

Bei den Sicherheitsüberprüfungen im Gefängnis war lange Zeit nicht aufgefallen, dass B. Drogen in Körperöffnungen in seine Zelle schmuggelte. Er konnte durch die Geschäfte ein gutes Leben genießen, hatte viel Geld und hohes Ansehen bei den kriminellen Mitinsassen wie Mehmet S.

Aufgeflogen durch einen dummen Fehler

Aufgeflogen war B. eher durch einen Zufall. Die Polizei hatte nach Aussagen von B. keine Ahnung von seinen Geschäften. Doch er geriet zufällig ins Visier von einer Revisionseinheit der JVA. Die Beamten setzten ihn offenbar unter Druck, sagten, dass sie von Drogendeals wissen würden.

Ende vergangenen Jahres knickte er ein und machte eine Aussage – erst da merkte er angeblich, dass die Ermittler geblufft hatten. So wurde er zum Kronzeugen des Verfahrens, das zur Razzia in "Santa Fu" führte.

In ein Zeugenschutzprogramm wollte Jason B. nicht. Derzeit ist er von der Polizei als "gefährdete Person" eingestuft und wird gesondert bewacht und untergebracht. Wie und wo, darf er t-online nicht sagen, sonst verstößt er gegen den Deal mit der Polizei.

Spätestens zum Prozess gegen die Insassen, die er durch seine Aussage bei der Polizei verraten hat, muss er wieder in Hamburg sein. Auch ihm selbst wird noch der Prozess gemacht. Welche Strafe ihm droht, ist noch offen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Rercherche
  • Treffen mit Jason Büchel an einem geheimen Ort in Norddeutschland
  • Pressemeldung zur Durchsuchung der JVA Fuhlsbüttel vom 04. Mai 2023
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