Rekord-Bürgermeister hört nach 41 Jahren auf: "Fehlen wird mir nichts"

"Fehlen wird mir nichts"

Rekord-Bürgermeister macht nach 41 Jahren Schluss

Als Karl-Horst Salzsäuler sein Amt antrat, war noch Helmut Schmidt Bundeskanzler. In der Computertechnik tat sich Großes: Der C64 eroberte den Markt.

41 Jahre nach Amtsantritt hört Schleswig-Holsteins dienstältester Bürgermeister auf: Karl-Horst Salzsäuler hat genug. Anfang Juni, wenn die aktuelle Legislaturperiode vorüber ist, macht er Feierabend. Schön sei es gewesen, sagt er t-online. "Aber fehlen wird mir nichts."

Ins Amt gewählt worden war Salzsäuler erstmals 1982, Monate, bevor die sozialliberale Koalition von Helmut Schmidt (SPD) zerbrach. Die Zeiten damals waren noch andere: Die ersten Grünen erreichten gerade die Landesparlamente. Der C64 revolutionierte den Computermassenmarkt. In Großbritannien wurde Prinz William geboren, während Margaret Thatcher ihr Land gegen Argentinien in den Falklandkrieg schickte.

1987 trat Bürgermeister Salzsäuler aus der CDU aus

In der Welt hat sich seither viel verändert. Im 1.200-Einwohner-Örtchen Ziethen, rund eine Autostunde östlich von Hamburg im Kreis Herzogtum Lauenburg gelegen, ist zumindest politisch einiges konstant geblieben. Grüne gibt es im Gemeinderat zum Beispiel immer noch nicht. Und der Bürgermeister kümmert sich wie gehabt um alles Wichtige – egal ob sich Nachbarn streiten oder ein Hund zu laut bellt.

Allerdings hat sich die Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters geändert. 1987 trat der gelernte Landwirt im Zuge der Barschel-Affäre aus der CDU aus. Alle anderen Unions-Fraktionsmitglieder im Ziethener Gemeinderat kamen mit.

"Manchmal haben auch andere Kollegen Recht"

Seither bestimmt die örtliche Wählergemeinschaft das Bild. Auch dieses Jahr wieder erzielte sie bei den Kommunalwahlen Mitte Mai mit 62,7 Prozent der Stimmen mit großem Abstand die absolute Mehrheit. Und das ganz ohne Wahlplakate, die im Ort nur die wiedergegründete CDU aufhing: Der Wählergemeinschaft Ziethen reichte Mund-zu-Mund-Propaganda.

Die Methode Salzsäuler? "Meine Devise ist immer gewesen, dass ich nicht nur auf die Wählergemeinschaft hören kann", sagte er der "s:hz". "Manchmal haben auch andere Kollegen Recht."

In diesem Sinne hat Salzsäuler eingeführt, dass die Gemeindevertreter nach den Sitzungen immer noch auf ein Würstchen oder eine Suppe zusammenbleiben. "Manchmal hat man sich in den Sitzungen ja doch gegenseitig hoch geredet", erklärte er. Durch das Ritual im Anschluss kämen "alle wieder runter".

Die größte Krise in 41 Jahren: Aldi kommt ins Dorf

Einen Moment, in dem er fast hingeschmissen hätte, habe es in den gesamten 41 Jahren nicht gegeben, sagte Salzsäuler t-online. Die schwerste Zeit sei gewesen, als Aldi nach der Wende im Ort einen Markt bauen wollte. "Da gab es plötzlich viele Feindschaften", erinnert sich der Bürgermeister.

Mit Bereitschaft zum Kompromiss und dem Angebot zur Mitbestimmung an die Bürger habe er die Krise aber überstanden: Am Ende kam der Aldi, der Markt fiel allerdings kleiner aus als ursprünglich geplant.

Salzsäuler: "Glaube nicht, dass er das schafft"

Ob sich so wohl auch sein designierter Nachfolger vier Jahrzehnte im Amt halten kann? Salzsäuler ahnt, dass das nichts wird – macht dafür aber äußere Umstände verantwortlich.

"Ich glaube nicht, dass er das schafft", sagt der Noch-Bürgermeister. "Schließlich ist er jetzt schon Mitte 40. Ich war damals erst 35." Außerdem seien "die Leute heute auch etwas schwieriger geworden". Es brauche enorm viel Fingerspitzengefühl, um einen Ort zusammenzuhalten.

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Insofern sei er ganz froh, jetzt in Bürgermeister-Rente zu gehen. Er habe sich gut darauf vorbereitet, um nicht in ein Loch zu fallen. Nun freue er sich auf Touren mit dem Motorrad, Reisen in die Welt – und mehr Zeit für die Familie. Seine Tochter will auf dem elterlichen Hof mehr Wohnraum schaffen: "Da helfe ich, wo ich kann."