Beklauter Kupferhersteller rauscht in die Krise 100-Millionen-Euro-Coup in Hamburg vermutet

Am Anfang stand eine Razzia mit Panzerwagen. Jetzt kommt raus: Kupferhersteller Aurubis könnte noch weit härter getroffen worden sein. Die Aktie schmiert ab.
Edelmetalle im Wert von mehr als 100 Millionen Euro fort – und an der Börse wird sogar noch mehr Geld vernichtet: Dieses Horrorszenario deutet sich für den Hamburger Kupferhersteller Aurubis an.
Bereits im Juni war bekannt geworden, dass offenbar eine Bande Aurubis jahrelang bestohlen hatte. Bei dem mutmaßlichen Kopf der Gang, einem Mitarbeiter eines Aurubis-Subunternehmens, rückte die Polizei mit einem Panzerwagen an. Das SEK erschoss zwei aggressive Hunde, dann machten sich die Beamten daran, die aufgehäuften Reichtümer des Mannes zu inspizieren.
Beutezug bei Aurubis: "Schaden im dreistelligen Millionenbereich"
"Er lebte wie die Made im Speck", sagte ein Beamter. Der Mann soll ein Pferdegestüt besessen haben, zu seinem Anwesen gehörte ein Teich mit wertvollen Koi-Karpfen und ein persönlicher Spielplatz für die Kinder.
Damals war die Rede von gestohlenen Edelmetallen im Wert von 20 Millionen Euro. Am Donnerstagabend gab das Unternehmen nun eine Gewinnwarnung heraus. Bei einer Inventur habe sich ergeben, dass noch weit mehr weggekommen sei: "Derzeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Schaden im niedrigen, dreistelligen Millionenbereich entstanden ist", teilte das Unternehmen mit. "Der Schaden wird das Ergebnis des Geschäftsjahres 2022/23 belasten."
Hamburger Unternehmen: Aurubis-Aktie stürzt ab
Sofort rauschte der Aktienkurs in die Tiefe. Am Freitag ging es im vorbörslichen Tradegate-Handel um fast zehn Prozent abwärts verglichen mit dem Xetra-Schlusskurs.
Wie viel Edelmetall tatsächlich geklaut wurde, soll eine außerordentliche Inventur bis Ende September ergeben. Das Landeskriminalamt ist eingeschaltet, die Angst vor weiteren Diebstählen groß. Erste Sofortmaßnahmen sollen das bisherige Sicherheitsniveau "deutlich anheben", kündigte das Unternehmen an.
Bandenmitglieder übers Bundesgebiet verteilt
Aurubis ist nach eigenen Angaben ein weltweit führender Anbieter von Nichteisenmetallen und einer der größten Kupferrecycler der Welt. Das Unternehmen verarbeitet und verwertet "komplexe Konzentrate und Recyclingrohstoffe zu Metallen höchster Reinheit". Dazu zählen Kupfer, aber auch Gold, Silber und Metalle der Platingruppe, dazu Metalle wie Blei, Nickel, Zinn, Zink und Selen.
Bei der Razzia im Juni war die Polizei von einer Bande mit elf Tatverdächtigen ausgegangen, die meisten Beschuldigten waren bei Aurubis oder dort beschäftigten Subunternehmen angestellt, kannten sich also auf dem Gelände gut aus. 30 Objekte in Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hessen wurden durchsucht. Die Beamten stellten zehn Fahrzeuge, mehr als 20 hochwertige Uhren, mehr als 200.000 Euro Bargeld, mehrere scharfe Schusswaffen nebst Munition sowie Teile des mutmaßlichen Diebesgutes sicher.
- eqs-news.com: Mitteilung der Aurubis AG vom 31. August 2023
- Entwicklung des Aktienkurses der Aurubis AG
- abendblatt.de: "Luxus-Anwesen gestürmt: Bande bestiehlt Aurubis über Jahre"
- presseportal.de: Mitteilung der Polizei Hamburg vom 15. Juni 2023
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP