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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Hamburg-Kolumne Kein Weihnachtsbaum für Kita-Kinder: Gut gemeint, schlecht gemacht
Eine Kita in Lokstedt verbannt den Weihnachtsbaum als Zeichen eines christlichen Festes. Eine gut gemeinte Geste? Leider völlig falsch.
Besonders besinnlich ist die Vorweihnachtszeit für die Kita "Mobi" in Lokstedt nicht: Die Ankündigung, dass es in diesem Jahr keinen Weihnachtsbaum in der Kita geben werde, "im Sinne der Religionsfreiheit", sorgt weit über die Stadtgrenzen hinaus für Unverständnis bis Ärger. Auf Facebook wird mit blankem Hass kommentiert. Für diese selbst ernannten Schützer des Abendlandes ganz schön unchristlich.
Die Kita-Mitarbeiter wollten in diesem Jahr "kein Kind und seinen Glauben ausschließen", daher habe man die "Dekoration angepasst", erklärt die Kita-Leitung in einem Brief an die Eltern. Also raus mit der Tanne. Plätzchen würden aber gebacken werden, so die Kita.
Religionsfreiheit schon für Kita-Kinder? Oder Cancel Culture, wie ein Vater dem "Abendblatt" in den Block meckerte? Beides falsch. Die Kitaleitung macht gleich zwei eklatante Fehler, auch wenn es gut gemeint war.
Weihnachtsbaum der Heiden
Ausgerechnet der Weihnachtsbaum ist nämlich älter, als das Christentum. Er ist also ein uraltes Symbol für Schutz in der dunklen Jahreszeit und für Fruchtbarkeit. Dass die Protestanten sich die Bäume später in die Häuser holten und schmückten, schmeckte den Katholiken anfangs gar nicht. Heidnischer Firlefanz kam ihnen nicht in die Stuben.
Und heute? Durch Auswanderer, Soldaten und Reisende machte sich der Weihnachtsbaum auf, in der ganzen Welt heimisch zu werden. Und dürfte damit die Episode seiner christlichen (Teilzeit)-Historie überwunden haben: Weihnachten hat sich zum Fest der Liebe und der Familie entwickelt. Die wenigsten gehen noch zur Kirche oder lesen die biblische Weihnachtsgeschichte. Und der Ex-Christbaum als kulturelles Welterbe für alle.
Sag, wie hältst du es mit Weihnachten?
Und da wären wir beim nächsten großen Fehler der Kita-Leitung: Weihnachten gehört, unabhängig von den christlichen Wurzeln, fest zur Kultur im Land. Wer in Deutschland anderen Glaubens ist, wird mit dem Fest dennoch konfrontiert. Und wird einen Weg finden, damit umzugehen. Vielleicht etwas anders, vielleicht ohne Krippe. Aber es ist nicht unüblich, dass auch muslimische Familien Weihnachten feiern.
Denn: An diesem Fest kommt man nun mal nicht vorbei. Dafür braucht man kein Christ zu sein. Die Innenstädte erstrahlen festlich geschmückt, die Fenster in den Straßen sind beleuchtet. Und im Netz und im Einzelhandel liefern sich die Händler eine Rabattschlacht. Nur für Geschenke gab jeder von uns im Jahr 2022 rund 520 Euro aus, ergab eine Befragung. Süßer die Kassen nie klingeln als zu der Weihnachtszeit? Sicherlich, aber das Fest nur auf Christ und Kommerz zu reduzieren, würde zu weit führen.
Warum also den Baum aussperren? Vielleicht ist es gerade jetzt, in dieser Zeit der Unruhen und Kriege, eine gute Idee, sich unter dem Baum zusammenzufinden. Ganz egal, welcher Religion man angehört. Der Wunsch nach Frieden, Hoffnung und Liebe eint uns alle.
- statista.com: Pro-Kopf-Ausgaben für Weihnachtsgeschenke in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2023
- abendblatt.de: Kita verzichtet auf Weihnachtsbaum, Eltern empört
- ndr.de: Brauchtum: Wie die Tanne zum Weihnachtsbaum wurde
- abendblatt.de: Auch Muslime mögen Weihnachten