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Hamburg

Hamburg und Deutsche Bahn halten an Mobilitätswende durch "Stadtrad" fest


Abwärtstrend
Stadtrad: Mit Körbchen und neuen Schlössern aus der Krise?

Von t-online, kg

Aktualisiert am 26.02.2024Lesedauer: 3 Min.
Zahlreiche Stadträder stehen an einer Verleihstation: Die Stadt Hamburg will die Flotte weiter ausbauen.Vergrößern des Bildes
Modernisierte Stadträder an einer Leihstation: Der Korb befindet sich nun vorne; so bleibt das Gepäck immer im Blick. (Quelle: DB AG)

So richtig rund läuft das Stadtrad nicht: Mal sind es die Fahrräder, mal die App, die Ärger machen. Die Deutsche Bahn will das ändern.

Es war ein großer Wurf, als im Jahr 2009 die ersten knallroten Stadträder in der City ausgeliehen werden konnten. Die Idee: Den Nahverkehr ergänzen, Kurzstrecken schneller überbrücken und die Straßen entlasten, schreibt Hamburg Tourismus über das Angebot. An rund 300 Stationen kann das Rad per App geliehen werden, die ersten 30 Minuten sind kostenlos. Mit knapp zwei Millionen Nutzungen pro Jahr ist das Stadtrad das am stärksten genutzte Leihfahrradsystem Deutschlands.

Eine Erfolgsgeschichte? Leider nicht mehr, denn die Stadträder sind immer wieder in der Kritik. Mal klemmt die Technik, mal sind die Räder nicht einsatzfähig, mal fallen Räder dem Vandalismus zum Opfer. Zuletzt sank die Zahl der Nutzer. Wurde 2020 noch 2,1 Millionen Mal ein Stadtrad ausgeliehen, waren es 2022 nur noch 1,8 Millionen Fahrten, berichtet das "Hamburger Abendblatt". Und 2023 sank die Zahl der Fahrten abermals um 11 Prozent auf 1,6 Millionen Fahrten. Grund dafür sei der wechselhafte Sommer, so eine Sprecherin der Deutschen Bahn.

Smartes Schloss und Frontkorb

Doch die Betreiber, die Stadt und die Bahntochter Deutsche Bahn Connect wagen einen neuen Aufschlag. "Die Deutsche Bahn und die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende haben Stadtrad gemeinsam weiterentwickelt. Die Fahrradflotte und der digitale Auftritt werden sukzessive rundum erneuert", heißt es in einer Ankündigung.

Künftig werden die Räder mit einem smarten Schloss versehen, das sich durch die App entsperren lässt. Dazu werden auch die Räder selbst aufgehübscht und bekommen einen praktischen Frontkorb. Wohl wichtigste Neuerung: Die Räder müssen nicht mehr an einer Station fest verschlossen werden, sondern werden digital blockiert.

"Schneller und einfacher"

"Die neuen Schlösser werden die Ausleihvorgänge noch einfacher und schneller machen, was besonders im Alltag, etwa auf dem Weg zur Bahn, eine Verbesserung ist", sagte der Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) bei der Präsentation der neuen Räder. Statt die Räder an der Station anzuketten, werden sie digital verriegelt. Das System registriert, ob das Fahrrad in der näheren Umgebung der Station steht. Auch Jürgen Gudd, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutsche Bahn Connect, feiert die überarbeiteten Räder als großen Modernisierungserfolg, der "das attraktive und nachhaltige Mobilitätsangebot" noch "schneller und bequemer nutzbar" mache.

E-Scooter als Konkurrenz

Aber reichen die Neuerungen, um sich gegen die starke Konkurrenz durchzusetzen? Immerhin 3.600 Stadträder gibt es in Hamburg. Zum Vergleich: Die sechs E-Scooter-Sharing-Anbieter Bird, Bolt, Dialog Scooter, Lime, Tier und VOI verfügen zusammen über rund 20.000 Geräte, schreibt die Stadt. Darüber hinaus verleihen einige Anbieter auch Räder. So gibt es rund 1.500 E-Bikes von Tier im Stadtgebiet. Der Radverleih Swapfiet, der seine Drahtesel mit den auffallend blauen Vorderreifen für rund 20 Euro im Monat vermietet, hatte schon 2020 rund 10.000 Abonnenten. Ob nun für die kurze Strecke ganz spontan oder die regelmäßigen Touren: Der Markt ist für das Stadtrad deutlich kleiner geworden.

Dass sich Konkurrenten so gut durchsetzen konnten, liegt auch an der Pannendichte der Stadträder. So gab es 2020 Ärger mit der App, die zeitweilig nicht für Räder in anderen Städten funktionierte. Ein weiteres großes Ärgernis waren die defekten Bikes, die zwar an den Stationen stehen, aber nicht über die App ausgeliehen werden können.

"Hin und wieder kommt es auch bei unseren Rädern zu technischen Unwägbarkeiten. Dank Meldungen, die wir dazu von unseren Kunden über die Stadtrad-App erhalten, werden defekte Räder vorübergehend für eine anschließende Wartung gesperrt", erklärte eine Mitarbeiterin von Stadtrad gegenüber dem Portal "moin.de".

Nicht gemeldete Schäden sind ein Ärgernis

Auch Räder, an denen es einen Schaden gibt, der aber vom Nutzer nicht gemeldet wurde, blockieren das System. "Das liegt dann daran, dass uns kein Schaden gemeldet wurde. Erst vor Ort wird dann ein Mangel am Rad festgestellt und anschließend repariert. Dies ist nicht nur für unsere Kunden ärgerlich, sondern auch für uns", erklärte die Sprecherin weiter.

Nicht funktionstüchtige Räder erklären allerdings nicht das Problem mit Vandalismus. Dass das Stadtrad ein Problem mit mutwillig zerstörten Rädern hat, berichtete schon 2021 das "Abendblatt". Nach der Anschaffung einer neuen Rad-Flotte 2019 waren in kurzer Zeit rund zehn Prozent aufgrund von Totalschaden oder Verlust neu angeschafft worden.

Nun kommen aufgemotzte Räder. Mit dem Start am 26. Februar sind bereits die ersten 200 umgerüsteten Räder an den Stationen Axel-Springer-Haus, Hauptbahnhof und S-Bahn Othmarschen zu finden. Bis Jahresende soll die gesamte Flotte modernisiert sein. Auch die App wurde modernisiert und kommt jetzt etwas frischer daher. Ob die "Hamburger Erfolgsgeschichte", wie Senator Tjarks das Stadtrad bezeichnet, wirklich wieder in die Spur findet, bleibt abzuwarten. Seit dem Vor-Corona-Jahr 2019 haben sich die Nutzungszahlen mehr als halbiert.

Verwendete Quellen
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