Nach "764"-Festnahme "White Tiger": Ermittler äußern sich zum Mordverdächtigen

Monatelang fahndete die Soko "Mantacore" nach "White Tiger". Jetzt ist der 20-Jährige gefasst. Doch die Ermittlungen gegen die Gruppe "764" gehen weiter.
Nach der Festnahme des als "White Tiger" bekannten 20-jährigen Deutsch-Iraners aus Hamburg, der zur berüchtigten internationalen Pädokriminellen-Gruppe "764" gehören soll, laufen die Ermittlungen der Sonderkommission "Mantacore" auf Hochtouren weiter. "Mehrere Datenträger sind sichergestellt worden und werden jetzt ausgewertet", sagte Oberstaatsanwältin Melina Traumann der Deutschen Presse-Agentur. Je nachdem, was auf den Datenträgern gefunden wird, werde dann auch Kontakt zu möglichen Opfern aufgenommen.
Der unter dem Internetnamen "White Tiger" agierende junge Mann war in der Nacht zu Dienstag im Haus seiner Eltern widerstandslos festgenommen worden. Er soll der Kopf einer Gruppe von Cyberkriminellen sein, die acht Kinder im Alter von elf bis 15 Jahren im Internet zu Gewalt gegen sich selbst gezwungen haben. Die Kinder stammen aus Deutschland, England, Kanada und den USA – zwei aus Hamburg und eines aus Niedersachsen. Ein 13-jähriger US-Amerikaner wurde offenbar in den Suizid getrieben, eine 14-jährige Kanadierin habe versucht, sich umzubringen.
Sonderkommission "Mantacore" arbeitet auf Hochtouren
In der Sonderkommission der Polizei arbeiten den Angaben zufolge mehr als 20 Ermittlerinnen und Ermittler. Der Festnahme waren monatelange Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Pädokriminellen und die berüchtigte internationale Pädokriminellen-Gruppe "764" vorausgegangen.
Der Beschuldigte soll unter seinem Internetnamen im Alter von 16 bis 19 Jahren mehr als 120 Straftaten begangen haben. Darunter seien insbesondere Straftaten, die sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung von insgesamt acht kindlichen und jugendlichen Geschädigten gerichtet hätten. Der 20-Jährige bestreitet die Vorwürfe.
Polizei fordert mehr Befugnisse im Kampf gegen Pädokriminelle
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat mit Blick auf den verstörenden Fall mehr Befugnisse im Kampf gegen Pädokriminelle gefordert. Bislang würden solche Fälle oft nur zufällig oder durch Hinweise aus dem Ausland entdeckt, sagte der Hamburger BDK-Vorsitzende Jan Reinecke dem Norddeutschen Rundfunk. Auf Täter, die sich ausschließlich im Internet bewegten, sei die Polizei nicht ausreichend vorbereitet. "Wir brauchen spezialisierte Kräfte, die gezielt im Netz nach solchen Taten suchen – nicht erst dann, wenn ein Kind tot ist", sagte Reinecke und forderte mehr Personal, neue rechtliche Befugnisse, eine zentrale Zuständigkeit etwa beim Bundeskriminalamt sowie eine rechtssichere Vorratsdatenspeicherung.
Eltern können ihr Kind vor Übergriffen und Machtmissbrauch im Netz durch technische Einstellungen schützen. Eine wichtige Einstellung bei den sozialen Medien, Spieleplattformen und Co. sei, dass Fremde das Kind nicht einfach so anschreiben können, sagte Ann-Kristin Gaumann von der Online-Beratungsplattform Juuuport der Deutschen Presse-Agentur. Wichtig sei auch, dass Eltern ihre Kinder stärken und mit ihnen im Gespräch bleiben. "Das Kind sollte immer wissen, dass es mit dem Problem jederzeit zu den Eltern gehen kann und es nicht direkt Ärger bekommt. Es ist wichtig, dass da auf jeden Fall dieses Vertrauensverhältnis besteht, dass wenn was schiefläuft, das Kind weiß, ich kann mich an meine Eltern wenden, meine Eltern unterstützen mich und helfen mir in dieser Situation auch ohne direkt Vorwürfe zu machen."
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
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