Hamburgs Denkmäler Bismarck-Denkmal: Was im Innern des steinernen Kanzlers steckt

Es ist ein Zeugnis der Geschichte – mit Rätseln: Hamburgs Bismarck-Denkmal. Historiker erforschen bis heute mysteriöse Wandmalereien im Inneren.
Das Hamburger Bismarck-Denkmal ist nicht nur das größte seiner Art, sondern auch ein Monument mit bewegter Geschichte. Der 1906 eingeweihte Koloss wurde zwischen 1939 und 1941 zu einem Luftschutzbunker mit Platz für bis zu 950 Menschen umgebaut. Die noch heute erhaltenen Wandmalereien im Inneren zeigen Bismarck-Zitate und völkische Symbole, die Experten vor ein Rätsel stellen.
Nach Bismarcks Tod 1898 in Friedrichsruh bei Hamburg entbrannte ein Wettstreit: Wer erschafft das prestigeträchtigste Denkmal des Reiches. Mit einer Gesamthöhe von fast 35 Metern – 14,8 Meter misst die Statue ohne den massiven Sockel – sollte das Monument im Elbpark alle anderen Bismarck-Denkmäler in den Schatten stellen. Insgesamt wurden im Deutschen Reich 600 Denkmäler zu Ehren Bismarcks errichtet.
Eiserner Kanzler hält "Wacht nach dem Weltmeer"
Die Künstler Emil Schaudt und Hugo Lederer entwarfen den "Eisernen Kanzler" nach Vorbild einer überlebensgroßen Rolandsfigur aus Granit, einer in Deutschland typischen Ritterstandfigur mit Schwert. Er blickt elbabwärts und hält so symbolisch "Wacht nach dem Weltmeer", wie es im Entwurf für das Denkmal heißt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Denkmal zum Symbol rechter, antirepublikanischer Kreise, die sich gegen die junge Demokratie der Weimarer Republik wandten. In den 1920er Jahren fanden regelmäßig Fackelzüge zum Denkmal statt, die wiederholt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern führten.
Nazis versuchten, Bismarck-Kult zu vereinnahmen
Die Nationalsozialisten versuchten zunächst, den Bismarck-Kult für ihre Propaganda zu nutzen. Hitler ließ sich 1925 vor Bismarck-Portraits ablichten, und die NSDAP stellte eine vermeintliche historische Linie von Friedrich dem Großen über Bismarck bis zu Hitler her. Sie wollten Hitler so in eine Reihe mit den großen deutschen Staatslenkern stellen.
Nach 1935 verlor das Denkmal jedoch an Bedeutung für die NS-Propaganda. Zwischen 1939 und 1941 wurden die Räume unter dem Bismarck-Denkmal zu Luftschutzräumen umgebaut.
Die Wandmalereien im Inneren
An den Wänden des Gewölbes befinden sich Malereien, die bis heute Fragen aufwerfen. Sie zeigen Bismarck-Zitate, aber auch völkische Symbole: den preußischen Adler, Eichenlaub und das Hakenkreuz als Sonnenrad. Von wem sie stammen, ist ungewiss.
Der Kunsthistoriker Jörg Schilling geht davon aus, dass sie nicht zur Unterhaltung der Schutzsuchenden angebracht wurden. Vielmehr sollte das Bismarck-Denkmal wohl zu einer nationalen "Weihestätte" ausgebaut werden, als Pilgerort für die Zeit nach dem von den Nazis angestrebten "Endsieg".
Ronald Rossig vom Verein Unter Hamburg e.V. erklärt, die Wandbemalungen in der NS-Zeit entstanden. Es handele sich bei den "Sprüchen größtenteils um Bismarck-Zitate", die aber "im Sinne des Nazis gekürzt oder gar aus dem Zusammenhang gerissen wurden". Er gehe davon aus, dass sie eine "Anbiederung der Nazis an die Deutschnationalen, königstreuen Rechtskonservativ-Parteien" darstellten.
Zugänge seit 1950ern zugemauert
Nach Kriegsende wurden die Eingänge 1950 zugemauert, nachdem Obdachlose die Gewölbe als Nachtquartier genutzt hatten. Offiziell hieß es, der "Aufenthalt darin sei gefährlich geworden". Seit den 1970er Jahren neigte sich das Standbild in östlicher Richtung.
Im Jahr 2020 wurde das gesamte Denkmal restauriert. Algen, Flechten und Moos hatten sich ausgebreitet. Der Sockel war zudem eine beliebte Fläche für Graffitimalerei. 2016 durften Mitglieder des Vereins Unter Hamburg e.V. in den Sockel, um den Zustand zu dokumentieren. Auf der Vereinswebseite ist ein virtueller Rundgang durch das Innere des Denkmals verlinkt.
Trotz zahlreicher Forderungen nach einer Öffnung des Denkmals für die Öffentlichkeit, bleibt der Hohlraum verschlossen.
- unter-hamburg.de: "Bismarck-Denkmal – Bunker unter dem Koloss"
- unter-hamburg.de: "Panoramaansicht des Bismarck-Denkmals"
- hamburg.de: "Entwicklung des Hamburger Bismarck-Denkmals"
- welt.de: "Bekanntes Denkmal: Restaurierung der Bismarck-Statue hat begonnen"
- geschichtsbuch.hamburg.de: "Das Hamburger Bismarck-Denkmal"