Hamburg Rot-Grün will Vorkaufsrecht über Baurechtsnovelle retten
Hamburgs rot-grüne Koalition und die Linke setzen nach der Einschränkung des kommunalen Vorkaufsrechts durch das Bundesverwaltungsgericht auf eine Novelle des Baugesetzbuchs. "Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November hat das in den Verordnungen verankerte Vorkaufsrecht in Gefahr gebracht und wichtige Zähne gezogen", sagte die Fachsprecherin für Stadtentwicklung und Wohnen der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Martina Koeppen.
Der Bund müsse jetzt zur Sicherung des Milieuschutzes unbedingt Klarheit schaffen und das Baugesetzbuch zügig anpassen. "In Hamburg und Deutschland müssen wir alles dafür tun, dass unsere Quartiere bunt, gemischt und lebenswert bleiben", betonte Koeppen. Einen entsprechenden Antrag wollen die Fraktionen für die nächste Bürgerschaftssitzung am 1. Dezember einbringen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte die in Berlin übliche Vorkaufsrechtspraxis bei Grundstücken aus Gründen des Milieuschutzes in Teilen gekippt. Ein solches Vorkaufsrecht dürfe nicht auf Basis der Annahme ausgeübt werden, dass der andere Käufer die Mieter in der Zukunft mutmaßlich aus dem Gebiet verdrängen könnte, entschied das Gericht in Leipzig (Az.: BVerwG 4 C 1.20). Es hob damit das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin von 2019 auf und gab einer klagenden Immobiliengesellschaft recht.
Der wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Olaf Duge, nannte das Urteil einen "Schlag ins Kontor". Wer auf die bisherige Ausübung des Vorkaufsrechts in Hamburg zum Schutze der Mieterinnen und Mieter blicke, könne erahnen, welche gewachsenen sozialen Strukturen jetzt in den Quartieren zerstört werden könnten. Um einen Dammbruch zu vermeiden, sei nun der Bundesgesetzgeber gefragt. "Wir hoffen, dass die Ampel als neue Bundesregierung schnell handlungsfähig sein wird."
Ein Antrag der Linken zielt in die gleiche Richtung, geht aber noch weiter. Denn nach deren Vorstellung dürfte eine Kommune beim Vorkaufsrecht zudem nicht gezwungen sein, überteuerte Preise zu zahlen. Entsprechend reiche eine Limitierung des Vorkaufspreises auf den Verkehrswert nicht aus. Vielmehr sollte sich der Preis deutlich unterhalb des Marktwerts bewegen, zum Beispiel als sogenannter Residualwert, der sich an den bestehenden oder an leistbaren Mieten orientiere.
"Die zu zahlende Kaufsumme der öffentlichen Hand muss auch auf der Grundlage von fairen Mieten und nicht von Mondpreisen festgelegt werden", betonte die Wohnungsexpertin der Linken, Heike Sudmann. Zugleich mahnte sie zur Eile: "Auch angesichts des in Hamburg anstehenden Verkaufs von 4000 Akelius-Wohnungen an Heimstaden ist schnelles Handeln gefragt."
In Hamburg leben rund 317 000 Menschen in 16 Gebieten der Sozialen Erhaltungsverordnung. Dort müssen zum Schutz der Wohnbevölkerung bestimmte Maßnahmen vorab genehmigt und daraufhin überprüft werden, ob sie die schützenswerte Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gefährden. Dazu gehören etwa der Abriss von Gebäuden und Gebäudeteilen, Baumaßnahmen und Modernisierungen, die den Wohnwert steigern und zu Mieterhöhungen führen können. Auch eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sowie die Nutzungsänderung von Mietwohnungen wird in die Prüfung einbezogen.